schurians runde welten : Bibel-Spiel im Ruhrstadion
„Gott sei mit Dir und dem VfL Bochum“ (Geburtstagsgruß an Peter Neururer )
Es gab eine Zeit, da füllten sich viele Fußballstadien nur dann bis auf den letzten Platz, wenn BAP oder Kirchentage hier Station machten. Heute wird es auch ohne Religionsunterricht voll. Oder doch nicht? Kaum ein Bundesligaspiel kommt ohne Sportmissionare aus, die den Himmel anrufen, sich nach dem Torschuss bekreuzigen und die Reporterfragen nach der Grätsche in der 55. Minute so weltanschaulich beantworten wie das früher nur klassenbewusstesten DDR-Bürger gelang: Jesus gab Kraft. Natürlich ist das kein Zufall.
Anthropologen haben den Fußball schon lange als Religionsersatz in Verdacht: Das Spiel gleiche einer Liturgie, geprägt von Fanchor und rennenden Zeremonienmeistern, der Verein sei eine Glaubensgemeinschaft. Diese Lesart des Kicks haben dann auch christliche Funktionäre mitbekommen. Seither senden Freikirchen aus Brasilien ihre sportivsten Glaubensbrüder in alle Welt, um den westlichen Materialismus genau dort zu unterwandern, wo er seine lautesten Volksfeste feiert. Aber wer steckt dahinter?
In Deutschland ist es Bernhard Langer. 1984 wurde aus dem Anhausener ein Christ – eine deutsche Ausgabe von George W. Bush. Mit seinem US-Masters-Sieg in der Tasche begab sich der Golfprofi auf einen Kreuzzug für seinen neuen Glauben. Zunächst resignierte der Lockenkopf noch ein wenig, weil in einem dicht besiedelten Land wie der Bundesrepublik Golf nie zum Massensport werden kann und sich für die oberen Zehntausend mit oder ohne Jesus nur wenig ändert. Dann besann sich der Süddeutsche mit seiner heiligen Familie und setzte fortan auf den Fußball.
Langer ließ also Kontakte spielen, lotste Paulo Sergio, das Vorbild aller Jesuskicker, zu Bayer Leverkusen, schrieb mit Cliff Richard ein Buch. Und er unterstützt den Verein „Sportler ruft Sportler e.V.“ in der Rheinpfalz, der „nach biblischen Prinzipien Sportler fördert und begleitet“ und den beseelten Aktiven unter www.srsonline.de jeden Tag ein Bibelwort an die Hans gibt unter dem sportlichen Titel „Warmup“. Gestern stammte es übrigens aus dem 5. Buch Mose (31,6), Thema: „Schweres Spiel“.
30.4. Bochum – Mainz
Einst verfolgten im Ruhrstadion 50.000 Zeugen Jehovas szenische Bibel-Spiele. Die Endzeitchristen hinterließen die Ränge mehr als besenrein, am nächsten Bundesligaspieltag wurde die Quadratarena wieder von 13.000 Fußballfans verwüstet. Heute ist das anders. Der wie ein Powerskater spielende VfL-Brasilianer Edu – ein katholischer Botschafter, aber nicht weniger gottesfürchtig – breitet vor dem Anpfiff seine Arme aus und spricht sein Gebet. Trainer Neururer erhält zum 50. Geburtstag Segenswünsche. Passt schon: Sollte es am Samstag gegen den FSV Mainz 05 nicht reichen, hilft auch hier nichts als Beten. CHRISTOPH SCHURIAN