: Heilmann will Staatsanwaltschaft stärken
WULFF Der CDU-Justizsenator setzt sich dafür ein, dass gegen Politiker umfangreicher ermittelt werden kann, ohne deren Immunität aufzuheben. SPD, Grüne und Linkspartei: Das ist völliger Quatsch
DIETER WIEFELSPÜTZ (SPD)
Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) arbeitet mit Nachdruck an seinem Bekanntheitsfaktor. Doch nicht alle Vorschläge, mit denen sich der einstige Werbefachmann und Unternehmer zu Wort meldet, kommen an. Nach dem Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff (CDU) hat Heilmann jetzt eine Justizreform gefordert. Die Staatsanwaltschaft müsse die Möglichkeit bekommen, in Vorermittlungen Erkundigungen einzuholen, ohne dass die Immunität von Amtsträgern aufgehoben werden muss.
„Dieser Justizsenator Heilmann hat von der Praxis keine Ahnung“, sagte der Bundestagsabgeordnete Dieter Wiefelspütz (SPD) der taz. „Es besteht kein Handlungsbedarf.“ Wiefelspütz ist Mitglied des Immunitätsausschusses des Bundestages. Linke und Grüne sehen das genauso.
Laut aktueller Rechtslage darf die Staatsanwaltschaft nur zugängliche Quellen auswerten, wenn sie gegen von Immunität geschützte Politiker – wie jetzt im Fall Wulff – Vorermittlungen anstellt. Beschlagnahmungen und Durchsuchungen dürfen erst erfolgen, wenn die Immunität aufgehoben ist. Heilmanns Forderung lässt sich so interpretieren, dass er glaubt, Wulffs Rücktritt wäre vermeidbar gewesen, wenn die Staatsanwaltschaft vor dem Antrag auf Aufhebung der Immunität gründlichere Ermittlungen hätte anstellen können. „Würden wir eine Vorermittlungsphase einführen, könnte die Staatsanwaltschaft auf besserer Faktenbasis entscheiden“, sagte der Justizsenator in einem Zeitungsinterview.
Für Wiefelspütz beweist der Fall Wulff, dass die Gesetze ausreichen. Die Staatsanwaltschaft Hannover habe dem Bundestag einen umfangreichen Schriftsatz zugeleitet. „Daraus geht hervor, dass sich die Vorermittlungen nicht nur auf Medienberichte stützen, sondern auch auf Vorgänge, die in der Berichterstattung keine Rolle gespielt haben.“
Wolfgang Wieland, rechtspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, erklärt: „Es gibt keine Lücke, die man füllen muss.“ Sein Parteifreund Christan Ströbele fordert sogar, die Immunität von Politikern noch stärker zu schützen. Ströbele hat dabei auch den Fall der zwei Linkspartei-Abgeordneten im Auge, die eine Kundgebung von Neonazis in Dresden verhindern wollten. Ihre Immunität ist vom Bundestag letzte Woche aufgehoben worden.
Der Parteichef der Linkspartei, Klaus Lederer, kommentierte Heilmanns Vorschlag so: „Das klingt sehr nach einem PR-Gag“.
PLUTONIA PLARRE
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