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Archiv-Artikel

Der Vorwurf bleibt

Hauptkommissarin Bianca Müller hat sich das Leben genommen. Sie kämpfte gegen Mobbing in der Polizei

So etwas hatte es vorher bei der Polizei nicht gegeben. Ein Kriminalhauptkommissar meldete sich krank mit der Begründung, Hodenkrebs zu haben. Der ehemalige Polizeipräsident Hagen Saberschinsky und zwei weitere Vorgesetzte wussten, dass das nicht stimmte. Der Hauptkommissar ließ sich operieren und kehrte als Hauptkommissarin Bianca Müller zurück. Gestern wurde bekannt, dass sich die 50-Jährige vor wenigen Tagen mit Tabletten das Leben genommen hat.

Bianca Müller kam als Hermaphrodit zur Welt, also mit weiblichen und männlichen Geschlechtsorganen. Die Eltern bestimmten nach ihrer Geburt, den Vaginalbereich zunähen und im Geburtsbuch „männlich“ eintragen zu lassen. Mit 22 Jahren wählte sie einen typisch männlichen Beruf und ging zur Kriminalpolizei und führte jahrelang ein Doppelleben, bis sie sich 1992 operieren ließ. „Den Kampf gegen die Umwelt aufnehmen“ nannte sie das vor knapp fünf Jahren, als sie diesen Teil ihrer Biografie öffentlich machte (taz vom 9. 10. 2000).

Durch eine Indiskretion war bei der Polizei bekannt geworden, dass sie vorher ein Mann war. Es folgten obszöne Anrufe und Beschwerdebriefe an die Polizeiführung. Müller wusste von Äußerungen aus der Polizeiführung, dass kein Bürger mitkriegen dürfe, dass „so was“ bei der Polizei arbeite. Sie engagierte sich im „Verein Kritischer Polizisten e. V.“ und für Mobbing-Opfer und führte Klagen gegen die Polizei, weil sie sich diskriminiert fühlte. Auch in ihrem Abschiedsbrief erhebt sie Mobbing-Vorwürfe. BARBARA BOLLWAHN