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Archiv-Artikel

Panda-Diplomatie

Chinas Parteichef vereinbart vertrauensbildende Maßnahmen mit Taiwan – doch nur mit der Opposition

PEKING taz ■ Der Händedruck vor laufenden Kameras währte so lange, dass er im CNN-Bericht gekürzt wurde. Die Parteichefs von Kommunisten und Nationalisten wollten damit ihren Versöhnungswillen bekunden. 60 Jahre ist es her, dass beide Parteien in China einen Bürgerkrieg entfachten, der in der Teilung des Landes in die kommunistischen Volksrepublik und den Taiwan endete. „Wir können die Vergangenheit nicht ändern, aber die Chancen der Zukunft ergreifen“, sagte der chinesische Staats- und Parteichef Hu Jintao beim ersten politischen Spitzentreffen zwischen China und Taiwan seit der Teilung 1949. Taiwans Oppositionsführer und Chef der Kuomintang-Partei (KMT), Lien Chan, rief zu „Aussöhnung und Dialog“ auf. Beide sprachen über eine Stunde miteinander.

In einem Kommuniqué sprechen beide Parteien von einem „breiten Konsens über die baldige Wiederaufnahme des Dialogs, der Unterzeichnung eines Friedensabkommens und dem Aufbau von Vertrauensmechanismen im militärischen Bereich“. Was sich wie ein Regierungsabkommen liest, ist nur eine parteipolitische Übereinkunft ohne politisch zwingenden Charakter. Dem trug KMT-Chef Lien Chan Rechnung, indem er die Taiwans Regierung anschließend aufforderte, die Inhalte des Kommuniqué zu unterstützen. „Es dient dem Wohl der Menschen, und ich hoffe, die Behörden werden keine Hindernisse aufbauen“, sagte Lien.

Das Kommuniqué kommt beiden Seiten entgegen. Peking erklärt sich bereit, mit der KMT über Taiwans Beteiligung an internationalen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation zu verhandeln. Die KMT verspricht, gegen Taiwans Unabhängigkeit einzutreten. Um einen militärischen Konflikt zu verhindern, wurden Gespräche über vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart.

Doch die KP bietet die Gespräche nur der KMT an, weil diese Pekings Ein-China-Politik akzeptiert – und jetzt noch einen Schritt weiterging, indem sie sich gemeinsam mit der KP zum Gegner der Unabhängigkeit Taiwans erklärt hat. So weit kann Taiwans gewählter Präsident Chen Shui-bian, dessen Partei die Unabhängigkeit der Insel befürwortet, nicht gehen. Es bleibt deshalb unklar, inwieweit das Kommuniqué Gespräche anbietet, die auch Taiwans Regierung einschließen können. Denn ohne die machen Verhandlungen wenig Sinn.

Beide Seiten bemühten sich um eine gute Atmosphäre. In einer Rede vor Studenten der Peking-Universität rief Lien die Volksrepublik zu politischen Reformen auf und skizzierte Taiwans Weg zur Demokratie. Seine Rede wurde live in Chinas Staatsfernsehen übertragen. Es war das erste Mal, dass sich Festland-Chinesen über die KP-Medien ein positives Bild von Taiwan machen konnten. Umgekehrt dürfen die Taiwaner in Zukunft erstmals zwei Panda-Bären bewundern – Peking will sie Lien zum Geschenk machen wie einst Richard Nixon bei seinem Besuch 1972. GEORG BLUME