: Goethe brennt in Togos Hauptstadt
Das Goethe-Institut in Lome ist von Unbekannten angegriffen und in Brand gesetzt worden. Zeugen vermuten das togoische Militär hinter der Attacke. Trotz momentaner Ruhe fliehen tausende Menschen aus Togo in die Nachbarstaaten
AUS COTONOU HAKEEM JIMO
Es war gegen ein Uhr am Freitagmorgen, als maskierte Männer in Zivil das Goethe-Institut in der togoischen Hauptstadt in Lomé stürmten. Sie sollen mit Sturmgewehren und Handgranaten bewaffnet gewesen sein. Wächter und Hausmeister konnten sich unverletzt ins Nachbargebäude retten, nachdem auf sie geschossen wurde. Kurz darauf ging die Bibliothek in Flammen auf. Sämtliche Unterrichtsmaterialien sind zerstört, über ein Dutzend Computer verschmort und auch der Dienstwagen ausgebrannt. Zudem wurde die Einrichtung im ersten Stock zerschlagen. Der Sachschaden soll sich auf rund 300.000 Euro belaufen.
Erst im November waren aufwändige Sanierungsarbeiten an der alten Villa beendet worden. In einem internen Brief des Goethe-Instituts, von dem die taz aus erster Quelle erfuhr, schließt man einen politisch motivierten Hintergrund nicht aus. Herwig Kempf, Leiter des Goethe-Instituts in Lomé, sagt, er habe in der vergangenen Woche Gerüchte vernommen, die Anschläge auf deutsche Einrichtungen vorhersagten. „Niemand hat das ganz für bare Münze genommen, aber heute Nacht wurde es leider wahr“, sagt Kempf. Außerhalb des Goethe-Instituts haben sich Menschen versammelt. Viele sagen unverhohlen, dass die Angreifer Angehörige des Militärs gewesen seien.
Eine Erklärung für die Ereignisse lautet, dass das togoische Regime die Nähe der deutschen Außenpolitik zur Opposition des Landes missbilligt. Nur wenige Tage vor der Wahl flüchtete sich der togoische Innenminister in die Botschaft und verwahrt sich seither dort dem Zugriff togoischer Behörden. Er hatte zuvor seinen Unmut über den Verlauf der Wahlen erklärt und gesagt, das Land riskiere einen Bürgerkrieg. Daraufhin wurde er sofort entlassen. Auch deutsche Stiftungen haben engen Kontakt zu Oppositionsgruppen. Beispielsweise unterstützt die Konrad-Adenauer-Stiftung einen der wichtigsten Politiker des Oppositionsbündnisses, die sich um einen klaren Sieg bei den Präsidentschaftswahlen am vergangenen Sonntag betrogen sehen.
Aus der deutschen Botschaft in Lomé ist keine Stellungnahme zum Überfall auf das Goethe-Institut zu erhalten. Aus diplomatischen Kreisen heißt es, dass togoische Sicherheitskräfte vor der Botschaft zu deren Schutz Posten bezogen haben. Das Auswärtige Amt richtete einen Krisenstab ein und bestellte den togoischen Botschafter in Deutschland zu sich.
Nach den schweren Unruhen Mitte der Woche ist im Land weit gehend Ruhe eingekehrt. Die Menschen haben sich oft unter Einschüchterung und Antreiben von daneben stehenden Militärs ans Aufräumen gemacht. Die Telefonverbindungen funktionierten wieder. Allerdings blieben private Radiostationen weiter abgeschaltet. Auch Behörden, Banken und Schulen blieben geschlossen.
Trotz der vorerst eingekehrten Ruhe hat sich ein Flüchtlingsstrom aus dem kleinen westafrikanischen Land gebildet. Nach Informationen des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen, UNHCR, sollen sich bereits 4.000 Menschen in Richtung der Nachbarländer Benin und Ghana auf den Weg gemacht haben. In Benin haben viele der Flüchtenden eine vorübergehende Bleibe auf dem Gelände katholischer Kirchen oder in Schulen gefunden.