: Nationaldemokraten suchen neue Kameraden
Die NPD setzt im Landtagswahlkampf auf die Unterstützung der „freien Kameradschaften“. Die Neonazis sollen mit Geld geködert werden. Umfragewerte sind schlecht. Auch sonst droht den Rechtsextremen eine Menge Ärger
BOCHUM taz ■ Die rechtsextreme NPD hofft bei der Landtagswahl am 22. Mai auf ein breites rechtes Bündnis. Um alle Kräfte zu bündeln sind die Nationaldemokraten eigenen Angaben zufolge ein vertragliches Bündnis mit den so genannten „freien Kameradschaften“ eingegangen. Zur Wahl wir mit dem Zusatz „Unterstützt durch viele freie Nationalisten“ aufgerufen. Die „Volksfront von Rechts“ scheint dicht geschlossen.
Bereits im Oktober 2004 hatten die Nationaldemokraten ein Abkommen mit der rechtsextremen Deutschen Volksunion (DVU) getroffen. Man wolle sich in Zukunft bei Wahlen sich nicht mehr gegenseitig die Stimmen am rechten Rand wegnehmen – nur eine der beiden Parteien soll sich jeweils zur Wahl stellen. Zunächst mit Erfolg: In Sachsen zog die NPD, in Brandenburg die DVU in den Landtag ein. Das war im September 2004. In Nordrhein-Westfalen hofft die NPD, diesen Coup wiederholen zu können. Umfragen zufolge liegt die NPD allerdings zwischen ein und zwei Prozent. Erschwerend hinzu kommt, dass die rechtsextremen „Republikaner“ ebenfalls zur Wahl antreten werden und den Nationaldemokraten Stimmen wegnehmen.
Das Angebot der NPD an die „freien Kameradschaften“ wirkt daher wie ein verzweifelter Versuch, die Landtagswahl nicht im völligen Desaster enden zu lassen. Dem Zusammenschluss militanter und nichtmilitanter Neonazis sollen nach Informationen des „Informationsdienstes gegen Rechtsextremismus“ (IDGR) von der NPD 20 Prozent der Wahlkampf-Kostenerstattung zugesagt worden sein. Die Neonazis sollten dazu einen eingetragenen Verein gründen – Distanzierungen folgten prompt. Ein Teil der militanten Neonazis lehnt es strikt ab, parlamentarisch zu agieren. Die NPD wird von ihnen als Systempartei bezeichnet. Außerdem befürchten die „freien Kameradschaften“, dass sie nach dem Vorbild anderer Bundesländer auch in NRW verboten werden könnten.
Essens Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger (CDU) hatte kürzlich angekündigt, einen Brief an NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) zu schreiben, in dem er fordert, die so genannten „freien Kameradschaften“ nach dem Vorbild anderer Bundesländer mit „rechtsstaatlichen Mitteln zu verbieten und aufzulösen“. Dazu „müssten sie den Status eines Vereins erfüllen“, heißt es aus dem Düsseldorfer Innenministerium. Bislang sei über derartige Bestrebungen seitens der Kameradschaften aber nichts bekannt.
Dennoch war es der NPD möglich, mit Hilfe etlicher „freier Kräfte“ eine nahezu flächendeckende Kandidatur in NRW auf die Beine zu stellen. Die Nationaldemokraten treten in 109 von 128 Wahlkreisen an. Auf der Landesreserveliste tauchen 34 Namen auf. Auf den Plätzen 8 und 10 tauchen die beiden Vertreter der „Kameradschaften“ Christian Malcoci (Grevenbroich) und Daniela Wegener (Olsberg/Hochsauerlandkreis; jetzt Bochum) auf. Weiter unten stehen die „Kameraden“ Ralph Tegethoff und Stephan Haase – ehemals Mitglied der verbotenen Nationalistischen Front (NF).
Trotz der breiten Unterstützung von rechts bis ganz rechts kommt der Wahlkampf der NPD nicht wirklich voran. Auf einer groß angekündigten Veranstaltung am vergangenen Wochenende in der Bochumer Innenstadt fanden sich nur 78 handgezählte Nazis – und solche die es werden wollten. Der in Bochum antretende NPD-Spitzenkandidat Udo Voigt und NRW-Landeschef Claus Cremer (ebenfalls Bochum) fanden mit ihren Reden keine Resonanz in der Bochumer Bevölkerung.
Probleme drohen der NPD auch durch den Opel-Mutterkonzern General Motors (GM). Die Nationaldemokraten hatten vor dem Bochumer Opel-Werk Flugblätter verteilt und Wahlplakate mit dem Namenszug des Autobauers aufgehängt. Darauf war der Slogan „Arbeit zuerst für Deutsche“ zu lesen. GM hat darauf eine Verfügung gegen die NPD erwirkt. Es scheint als hätten die volkstümelnden Deutschnationalen jeglichen Kontakt zur angeblichen Zielgruppe verloren.
HOLGER PAULER