: Klagen über Atteste-Willkür
Flüchtlinge müssen in Köln immer öfter ärztliche Gutachten vorlegen, wollen sie nicht abgeschoben werden, sagt der Flüchtlingsrat. Wie die aussehen sollen, sei völlig unklar
KÖLN taz ■ Der Flüchtlingsrat Köln wirft der Stadt vor, Flüchtlinge mit unklaren Anforderungen an medizinische Gutachten zu verwirren. Immer mehr geduldete Flüchtlinge, die wegen Krankheit ihre Duldung verlängern lassen wollen oder wegen dauerhafter Reiseunfähigkeit eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, müssten plötzlich „fundierte Gutachten“ oder „Zweitgutachten“ vorlegen, berichtet Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats. Allerdings definiere die Kölner Ausländerbehörde nicht, „welche konkreten Nachweise in welcher Form beizubringen sind“.
Prölß geht davon aus, dass in Köln gegenwärtig mindestens 2.000 Menschen wegen Reiseunfähigkeit geduldet werden. Der Flüchtlingsrat hat sich wegen der unklaren Anforderungen der Ausländerbehörde an deren obersten Dienstherrn, Robert Kilp, Leiter des Amtes für öffentliche Ordnung, gewandt. Kilp hatte in einer Antwort auf die „Verpflichtung des Ausländers“ verwiesen, „sämtliche Umstände detailliert darzulegen, die einer durchsetzbaren Rückkehrverpflichtung ins Heimatland entgegenstehen könnten“.
Leider habe Kilp die Begriffe „Gutachten“ und „ärztliche Stellungnahmen“ nicht definiert, bedauert Prölß. Erforderliche Nachweise müsse der Ausländer laut Aufenthaltsgesetz jedoch nur erbringen, wenn er diese erbringen kann. „Ungeheuerlich“ findet Prölß zudem, dass das Sozialamt sich weigert, die Kosten für solche Gutachten zu übernehmen, die bis zu 1.500 Euro teuer seien. „Das können sich die Leute nicht leisten“, weiß Prölß aus seiner Beratungspraxis.
Prölß will nun über den städtischen Runden Tisch für Flüchtlingsfragen Druck auf die Ausländerbehörde ausüben, damit diese den Flüchtlingen klare Angaben macht. Es gebe durchaus Regelungen, an denen sich die Kölner Behörde orientieren könne. So habe das NRW-Innenministerium bereits einen entsprechenden „Informations- und Kriterienkatalog“ erstellt. Außerdem müssten auch die Kosten für ärztliche Gutachten übernommen werden, fordert Prölß. In vergleichbaren Gerichtsverfahren, in denen das Gericht die Überprüfung der Reisefähigkeit anordne, würden die Kosten schließlich auch vom Staat übernommen. DIRK ECKERT