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Archiv-Artikel

Freiwilliger Zwang

Streit um Reise von GAL und Kirche nach Afghanistan geht weiter. Senator und CDU widersprechen sich selbst

Sie fliege „ergebnisoffen“ nach Afghanistan, versicherte die Flüchtlingsbeauftragte der Nordelbischen Kirche, Pastorin Fanny Dethloff, gestern gegenüber der taz. Und wies damit gegenteilige Behauptungen von CDU-Innenpolitiker Christoph Ahlhaus zurück. Sie zweifle aber ihrerseits daran, dass Innensenator Udo Nagel (parteilos) mit der gleichen Haltung in die afghanische Hauptstadt Kabul gefahren sei: „Die Abschiebungen wurden bereits vor seiner Reise geplant“, sagt Dethloff, den Betroffenen seien bereits vorher „die Ankündigungen zu Hunderten“ zugeschickt worden.

Zusammen mit der GAL-Innenpolitikerin Antje Möller fliegt Dethloff heute in das zentralasiatische Bürgerkriegsland, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen, die Abgeschobene dort erwartet.

Speziell die Grünen wollten aber nur „das Schicksal afghanischer Flüchtlinge parteipolitisch instrumentalisieren“, setzte Ahlhaus gestern noch einen drauf. Die „angeheizte Diskussion“ stehe in „keinem Verhältnis zu den Fakten“, gehe es doch lediglich um etwa 300 Betroffene in diesem Jahr. Allerdings, teilte Ahlhaus gestern unvorsichtigerweise ebenfalls mit, sei das Ziel der CDU „die schnellstmögliche und komplette Rückführung aller ausreisepflichtigen Flüchtlinge“ – mithin rund 5.000 Menschen. Soweit die Fakten.

Nagel versicherte gestern, die Lage in Afghanistan keineswegs zu rosig geschildert und „die Öffentlichkeit nicht belogen zu haben“. Es hätten sich sogar schon freiwillige Rückkehrer bei der Innenbehörde gemeldet. Dennoch müsse der Senat „auch zwangsweise abschieben“, räumte Nagel ein. Die ersten acht Plätze in einem Flieger nach Kabul wurden bereits gebucht – für nächsten Mittwoch, den 11. Mai.

Am selben Tag werden Möller und Dethloff in Hamburg zurückerwartet, um Bericht zu erstatten. Sven-Michael Veit