: Briten dominieren Deutsche Börse
Das Unternehmen beugt sich Hauptaktionär TCI und will 1,5 Milliarden Euro ausschütten
FRANKFURT/M. taz ■ Die Zahlen der Deutschen Börse AG für das erste Quartal 2005 sind beeindruckend: Die Umsatzerlöse liegen mit knapp 400 Millionen Euro um 5 Prozent über denen des Vergleichszeitraums im Vorjahr. Zudem flossen dem Unternehmen an Nettozinserträgen aus Bankengeschäften weitere knapp 26 Millionen Euro zu. Gewinn vor Steuern: 177,7 Millionen Euro, plus 18 Prozent.
Mit diesem Rekordergebnis als Rückendeckung schlug Börsenchef Werner Seifert im Streit mit dem britischen Großaktionär TCI selbstbewusstere Töne an: „Das Ergebnis unterstreicht erneut die Stärke unserer Unternehmensstrategie, die Vorteile unseres Geschäftsmodells, die Fähigkeiten und die Erfahrung unseres Teams und unsere starke Wettbewerbsposition.“
An der Unternehmensstrategie und den Fähigkeiten von Seifert und Rolf Breuer, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates, hatte TCI erhebliche Zweifel angemeldet und offen die Ablösung von Breuer betrieben. Die Engländer wollen den Aufsichtsrat restrukturieren und, so argumentieren sie, an die „neue Struktur der Anteilseigner des Unternehmens anpassen“. Deshalb unterstützen auch die neuen Großaktionäre vor allem aus dem angelsächsischen Raum die Manager von TCI bei ihrem Frontalangriff auf Breuer und letztlich auf Seifert.
Britische Investoren halten inzwischen 48 Prozent der Aktien der Deutschen Börse, US-amerikanische knapp 30 Prozent. Der Anteil der deutschen Investoren dagegen beträgt nur noch 7 Prozent. Weil der Kurs der Aktie in den letzten zwölf Monaten rasant anstieg, verkauften vor allem die deutschen Banken ihre Anteile mit Gewinn – und die Angelsachsen kauften sie auf. Die britischen Fonds verhinderten dann die Fusion mit der Londoner Börse. Und sie setzten sich nun mit ihrer Forderung nach Sonderausschüttungen von 1,5 Milliarden Euro durch.
Politische Delikatesse am Rande: Juristisch betreut wird TCI von der Anwaltskanzlei Mayer Brown Rowe und May. Deren Interessen in Deutschland vertritt der ehemalige Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Friedrich Merz. Dem Börsenflurfunk nach soll Merz für sein Engagement für TCI mit einem Sitz im Aufsichtsrat belohnt werden. Merz dementierte das allerdings.
Halten die Angelsachsen zusammen, dürfte Breuer auf der Hauptversammlung am 25. Mai keine Chance haben, im Amt zu verbleiben. Nicht wenige Händler auf dem Parkett glauben, dass dann auch Seifert das Handtuch werfen wird.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT