Einigung über Organspende-Gesetz sorgt für Zoff

TRANSPLANTATION Kassen erhalten Schreibrecht auf Gesundheitskarte. Datenschützer sind entsetzt

BERLIN taz | Die Organspende in Deutschland bleibt freiwillig. Allerdings wird künftig jeder Bürger ausdrücklich aufgefordert, eine Entscheidung über die Spendebereitschaft abzugeben. Das sieht der Gesetzentwurf „zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz“ vor, den die Chefs der fünf Bundestagsfraktionen sowie der Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) nach monatelangen Verhandlungen am Mittwoch absegnen und vor der Sommerpause dem Parlament vorlegen wollen. Ziel ist, die Zahl der Organspender zu erhöhen.

Die bisherige „erweiterte Zustimmungslösung“ wird in eine „Entscheidungslösung“ umgewandelt. Danach sind die gesetzlichen und privaten Krankenkassen künftig verpflichtet, alle fünf Jahre ihre Versicherten anzuschreiben – Informationsmaterial und Organspendeausweis inklusive – und die Spendebereitschaft abzufragen. Die Entscheidung soll auf der elektronischen Gesundheitskarte dokumentiert werden. Wer nicht antwortet, wird nicht sanktioniert. Im Zweifel müssen dann – wie bisher – die Angehörigen über eine Organentnahme entscheiden.

Während die SPD und die CDU die Einigung feiern, gehen Datenschützer auf die Barrikaden. Der Grund: Der Gesetzentwurf räumt den Krankenkassen ein sogenanntes „Schreibrecht“ ein auf der elektronischen Gesundheitskarte – und ist ein Bruch mit allen bisherigen Datenschutzstandards. Bislang sollte den Kassen ein Zugriff auf medizinische Daten weder rechtlich noch technisch möglich sein. Was gespeichert werden sollte, sollte einzig auf Wunsch der Patienten und in deren Beisein erfolgen. In dem Gesetzentwurf dagegen heißt es: „Ziel ist es, dass die Versicherten für die Dokumentation der Erklärung zur Organspende auf der elektronischen Gesundheitskarte auch die Unterstützung der Krankenkassen in Anspruch nehmen können.“

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar tobt. Mit Schreiben vom 15. November 2011 teilt er dem Bundesgesundheitsministerium mit: „Dagegen hielte ich es für systemwidrig und für datenschutz- wie gesundheitspolitisch höchst problematisch, hier den Krankenkassen einen entsprechenden Onlinezugriff einzuräumen.“ Der Minister gibt sich ungerührt. Am 27. Februar 2012 schreibt Bahr an die Gesundheits-Fachpolitiker der Fraktionen: „Dabei sind wir uns einig, dass bei einem Schreibrecht der Krankenkassen die gleichen Sicherheitsanforderungen erfüllt werden müssen, wie sie für die Aufbringung durch die Versicherten selbst gelten.“ HEIKE HAARHOFF