: Linke ärgert sich über SPD
PARLAMENT Der Ex-Koalitionspartner profiliere sich zwar mit linker Rhetorik, in der Praxis bleibe davon aber nichts übrig, so Fraktionschef Udo Wolf
Udo Wolf ist anzumerken, dass er in Gedanken bisweilen noch in der guten alten rot-roten Zeit weilt. „Wir können jetzt jeden Journalisten bei Pressekonferenzen mit Handschlag begrüßen“, sagt der Fraktionschef der Linkspartei zu Beginn eines solchen Mediengesprächs am Mittwoch. Eigentlich will er das gar nicht. Schließlich ist der Grund dafür schlicht und einfach, dass das öffentliche Interesse an Wolfs Fraktion seit der Abgeordnetenhauswahl im September drastisch gesunken ist. Gerade mal vier Journalisten sind am Mittwoch gekommen – immerhin einer mehr als noch im Dezember, als Wolf den rot-schwarzen Koalitionsvertrag kommentierte.
Es gibt also „einiges zu verdauen“ in der auf 19 Abgeordnete geschrumpften Fraktion, die jetzt auf den Oppositionsbänken sitzt, gesteht Wolf. Um möglichst schnell in die neue Rolle zu finden, haben sich die Mitglieder am Dienstag auf einer eintägigen Klausur auf ihre Themen des Jahres vorbereitet. So wollen die zwölf Frauen und sieben Männer das anlaufende Volksbegehren zur Rekommunalisierung der Strom- und Energienetze unterstützen und sich für eine Direktvergabe der S-Bahn an die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) oder einen noch zu gründenden Eigenbetrieb des Landes einsetzen. Die Teilausschreibung, wie sie Rot-Schwarz vorantreibt, sei nicht alternativlos, betont Wolf.
Druck auf den Senat
Auch in der Mietenpolitik will die Linksfraktion versuchen, Druck auf den Senat zu machen. Schließlich gebe es inzwischen „stadtweite Verdrängungsprozesse“. SPD-Stadtentwicklungssenator Michael Müller nehme die Problematik zwar ernst. Dennoch habe er keinen Plan, wie die versprochenen 30.000 neuen Wohnungen in den nächsten fünf Jahren entstehen sollen.
Überhaupt wurmt Fraktionschef Wolf das Auftreten des einstigen Koalitionspartners, etwa in der Debatte um einen Mindestlohn bei Maßnahmen für Langzeitarbeitslose zwischen Fraktionschef Raed Saleh und Arbeitssenatorin Dilek Kolat. Die SPD spiele ein „doppeltes Spiel“, so Wolf. Zwar bemühe sich vor allem Saleh um eine „linke Rhetorik“; dazu passe aber die Politik von Rot-Schwarz bisher nicht.
Noch mehr ärgert sich die Linksfraktion über Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) und dessen Sparkurs. Die Haushaltsexpertin der Linksfraktion, Manuela Schmidt, fordert zusätzliche Investitionen von insgesamt 314 Millionen Euro 2012 und 2013. So sollen die Bezirke 80 Millionen Euro erhalten. Millionenbeträge würden auch für die Betreuung von Kleinkindern benötigt. Bert Schulz