Authentische Orte

Oratorien von Michael Batz erinnern an Deportationen vom Hannoverschen Bahnhof aus und an den Feuersturm

„Es ist wichtig, konkrete Orte zu bespielen, damit sich Menschen fühlend und nicht nur abstrakt erinnern.“ Michael Batz, dessen Dokumentarstück zur Geschichte des Hannoverschen Bahnhofs – nach der Premiere im Rathaus am 27. Januar – am Sonntag erstmals am Originalschauplatz gespielt wird, propagiert keine Rückwärtsgewandtheit, sondern authentische Einfühlung, die die Intensität herkömmlicher „Events“ bei weitem übersteigt.

Die Historie jenes ersten, im Jahr 1872 gebauten Hamburger Bahnhofs dokumentiert sein Oratorium – und zugleich jene Ambivalenz, die darin gipfelt, „dass dies – etwa für die aus Russland auswandernden Juden – ein Ort der Freude war, während es für die Deportierten – 7.112 Menschen zwischen 1940 und 1945– den Weg ins Elend bedeutete“.

Gerade angesichts der Tatsache, dass außer Geleisen und Stellwerk nichts mehr an den Hannoverschen Bahnhof erinnere, sei lebendiges Erinnern vor Ort nötig – ein Konzept, das auch die Wiederaufnahme seines Oratoriums „Null Neunzehn“ zum Hamburger Feuersturm in der Gedenkstätte St. Nikolai prägt. Auch hier werde es nicht nur um Trauer gehen, sondern „um eine Vision von einer Stadt, in der wir gern leben wollen“. Womit Batz keineswegs gesagt haben möchte, dass die aktuelle Hafencity-Politik diesem Ziel schon näher gekommen sei. Petra Schellen

„Null Neunzehn“: Sa, 22 Uhr, Gedenkstätte St. Nikolai, Ost-West-Straße. „Der Hannoversche Bahnhof“: So, 18 Uhr, Ericusspitze, Lohseplatz.