: Gekaufte Gesundheit
Marktlücke Medizin und Soziales: Im Gesundheitszentrum St. Pauli siedeln sich Firmen und Existenzgründer an
Auf dem Gelände des ehemaligen Hafenkrankenhauses wirbt seit Ende vorigen Jahres das Projekt „Gründeretage“ um neue Mieter. Mit Erfolg: In den vergangenen Monaten richteten vermehrt Kleinstgründer und Jungunternehmer aus dem medizinischen und sozialen Bereich im Gesundheitszentrum St. Pauli ihre Büros ein. Mittlerweile residieren mehr als 35 selbständig arbeitende Projekte an der Seewartenstraße. „Für Ärzte und Unternehmen im medizinischen Bereich ist dies ein attraktiver Standort, da auf dem Gelände eng zusammengearbeitet werden kann“, erklärt Reinhard Laskowski vom Trägerverein Gesundheitszentrum St. Pauli e. V.
1996 hatte die Schließung des Hafenkrankenhauses zu massiven Protesten geführt. Daraufhin setzten sich Stadtentwicklungsbehörde (STEB), Stadtentwicklungsgesellschaft (STEG), Bürgerinitiativen und Anwohner an einen runden Tisch und legten den Grundstein für das Zentrum. Dieses erklärt „innovative Gesundheitszentrum“ wird seit 1999 treuhänderisch von der STEG verwaltet. Die entstandenen Kosten sollten durch Mieten refinanziert werden. „Aber viele Leute sind wieder abgesprungen“, beklagt Laskowski. „Die Gesundheitsreform hat ihren Teil dazu beigetragen.“
Die inzwischen eingezogenen Unternehmen bieten größtenteils Leistungen im medizinischen Bereich: Eine Softwarefirma beispielsweise erstellt unter anderem Lernprogramme speziell für Senioren, eine Reiseagentur organisiert Urlaub für Pflegebedürftige, und ein kleiner Verlag gibt ein Handbuch über Hamburger Senioreneinrichtungen heraus. „Diese Leute nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand und stellen hochinteressante Projekte auf die Beine“, lobt Laskowski.
Wobei nicht alle unmittelbar im Feld medizinischer Hilfe angesiedelt sind. Eine neu eingezogene Unternehmensberatung etwa sieht sich im Dienste der „Gesundheit von Unternehmen“ und möchte diesen zu einer „hohen Lebenserwartung“ verhelfen. Darauf hofft auch ein anderer Jungunternehmer: „Es geht darum, Marktlücken zu finden.“Carsten Hansen