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Archiv-Artikel

Lasst tausend Tulpen blühen

Zahlreiche Veranstaltung erinnern heute und morgen an den 60. Jahrestag des Kriegsendes. Es sollen Feste für die Demokratie werden. Aber auch die Nazis wollen durch Mitte marschieren. Die taz fragte: Was muss ein aufgeklärter Bürger tun am 8. Mai?

„Der 8. Mai 1945 ist ein Tag der Befreiung. Millionen von alliierten Soldaten, Frauen und Männer des Widerstands haben ihr Leben gegeben, damit es mit der Nazityrannei ein Ende hat. Ihrer sollten wir gedenken und uns friedlich gegen neonazistische Versuche der Geschichtsklitterung wehren.“

Claudia Roth

Die Bundesvorsitzende der Grünen macht am 8. Mai „allerhand“, wie sie sagt

„Das Glück der aufgeklärten Bürgerin ist, dass sie (fast) nichts tun muss, aber vieles tun darf – auch am 8. Mai.“

Dagmar Reim

Die Intendantin des RBB wird sich am „Tag der Demokratie“ beteiligen

„Man sollte um 10 Uhr zur Demo am Bertolt-Brecht-Platz gehen und sich um 12 Uhr den Neonazis am Alexanderplatz entgegenstellen“.

Pedram Shahyar

Die Mitarbeiterin in der bundesweiten Koordinierungsgruppe von Attac wird am Sonntag um 12 Uhr am Alexanderplatz bei einer von Attac organisierten Sitzblockade mitmachen.

„Ich plädiere dafür, den Tag für aktive Erinnerungsarbeit zu nutzen. Wir sollten unseren Kindern von der Befreiung Europas aus der Sklaverei menschenverachtender Gewalt berichten und uns ganz individuell klar machen, wohin es führt, wenn der Allmachtswahn des Menschen an die Stelle von Gottes Allmacht rückt. Dazu bieten sich Gedenkgottesdienste gut an, in denen unter dem Aspekt der Vergebung und Versöhnung auch eine Perspektive für die Zukunft aufgezeigt wird. Oder auch die Veranstaltungen des ‚Tages für die Demokratie‘ rings um das Brandenburger Tor, die bewusst eine Demonstration demokratischer Zuversicht sind.“

Wolfgang Huber

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland freut sich besonders auf den Gedenkgottesdienst in der Gedächtnis-Kirche.

„Ein wenig innehalten, dankbar dafür sein, dass Krieg und Teilung des Landes der Vergangenheit angehören und zeigen, dass allen antidemokratischen Kräften kein Fußbreit politischen und Straßenbodens gehören darf.“

Joachim Zeller

Der Noch-CDU-Landesvorsitzende und Bezirksbürgermeister von Mitte geht um 11.15 Uhr zur Kranzniederlegung am Ehrenmal für die gefallenen sowjetischen Soldaten und besucht anschließend die Veranstaltungen zum Tag der Demokratie.

„Für mich sind Offenheit und Toleranz die wichtigsten Werte für ein friedliches Zusammenleben. Diese Werte müssen wir gemeinsam gegenüber den Feinden der Demokratie bewahren. Darum lasst uns gemeinsam am ‚Tag für Demokratie‘ ein klares Zeichen für Freiheit und Fairplay setzen.“

Boris Becker

Der Ex-Tennisprofi und Kommunikationsexperte Boris Becker.

„Nicht nur am 8. Mai, da sich Geschichte in einem runden Datum kristallisiert, darüber nachdenken, ob er die offenen und mehr noch die verborgenen Botschaften der 12 Jahre nationalsozialistischer Herrschaft, als Täterkind wie in meinem Falle, zureichend begriffen und handelnd umgesetzt hat. Nicht schuldgestisch an irgendwelche geöffneten Brüste schlagen, prinzipiell jeden Tag Konsequenzen ziehen, das ist die ungeheuerliche und doch tägliche Forderung gegen etablierte und nicht etablierte Vorteile Anderen und Anderem gegenüber aller Art.“

Wolf-Dieter Narr

Der Politologe an der Freien Universität wird wahrscheinlich einsam zwischen Brandenburger Tor und Alex pendeln, um sich das demonstrative Gemisch und seine Physiognomie so genau wie möglich anzusehen.

„Die BerlinerInnen und ihre Gäste werden sich am Wochenende die Zeit nehmen, um sich an die Befreiung von der Nazidiktatur zu erinnern und den 60. Jahrestag der Befreiung zu feiern. Entweder am Brandenburger Tor oder bei einer der anderen zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen in der Stadt. Wer am 8. Mai gegen 14 Uhr am Alexanderplatz vorbeikommt, kann gemeinsam mit möglichst vielen anderen – stehend oder sitzend, aber in jedem Fall friedlich verhindern, dass die Neonazis vom Alex wegkommen. Genau das werde ich auch tun: Gedenken, Feiern und Gesicht durch Handeln zeigen.“

Sibyll Klotz

Fraktionschefin der Grünen im Abgeordnetenhaus

„Wir sind die bunte Republik Deutschland. Da passt nicht ein Nazi rein.“

Udo Lindenberg

Der Musiker hat sein Statement unter das Formular des Aufrufs zum Tag für Demokratie gekritzelt

„Ich bin keine Gouvernante und erzähle deswegen den Bürgerinnen und Bürgern nicht, was sie in ihrer Freizeit tun sollen. Es würde mich aber freuen, wenn sich möglichst viele am ‚Tag der Demokratie‘ beteiligten, um gegen den Neonazi-Pöbel Flagge zu zeigen.“

Martin Lindner

Der FDP-Fraktionschef geht zur Kommunion seines Sohnes

„Demonstrieren gegen den Neonazi-Aufmarsch. An einem Tag, der wie kein anderer für die Zerschlagung des Nationalsozialismus steht, auf die Straße gehen, der Opfer gedenken und sich wehren gegen jegliche Versuche diesen Tag umzudeuten, zu relativieren oder gar zu vergessen.“

Sebastian Lorenz

Der Sprecher der Antifaschistischen Linken Berlin will mit allen Mitteln zeigen, dass es in Berlin keinen Platz für die NPD und ihre rechtsextreme Ideologie gibt

„Der 8. Mai 2005 mitten in Berlin muss von Demokraten geprägt sein und nicht von Alt- und Neonazis.“

Michael Müller

Der SPD-Landeschef geht als Mitorganisator selbstverständlich zum Brandenburger Tor

„Ich unterstütze den Aufruf, weil ich die Bürgerrechte unseres Landes zu schätzen weiß. Weil ich weiß, dass es nicht selbstverständlich ist, in einer Gesellschaft zu leben, in der ich mich auf Offenheit, Meinungsfreiheit und Toleranz jeden Tag berufen kann. Die Generation meiner Eltern hat in der NS-Zeit erleben müssen, was der Verlust von Demokratie für uns alle bedeuten kann. Das heute zu verdrängen, wäre dumm und leichtsinnig.“

Reinhold Beckmann

Der Sportjournalist und Talker über die nicht selbstverständliche Natur der Demokratie und ihre historische Bedeutung