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Archiv-Artikel

Der selten Besungene

Bemitleidenswert sah er aus beim Debattieren mit dem Schiedsrichter. Dabei war der Ärger des Christian Schulz im Anschluss an das 2:2 (1:1) gegen den FC Augsburg nur zu verständlich: Schulz, im Team von Hannover 96 für die defensiven Aufgaben zuständig, hatte einen dringend notwendigen Heimsieg auf dem Gewissen.

Ein klares Handspiel Schulz’ im Strafraum hatte der Unparteiische Markus Schmidt noch übersehen. Drei Minuten später aber, in der 89. Minute, wertete er eine Grätsche gegen den eingewechselten Marcel Ndjeng als Foul. Es folgten ein Elfmeter für Augsburg und das 2:2 durch Jan-Ingwer Callsen-Bracker nur Sekunden vor dem Abpfiff.

„Schuuuuuulle“ – dieser ganz persönliche Schlachtruf kam vor viereinhalb Jahren von Werder Bremen, wo Schulz seine besten Jahre als Fußballprofi erlebt hat, mit nach Hannover. Aber in dieser Saison ist das langgezogene U eben nur noch recht selten zu hören in der 96-Fankurve. Weil Schulz auf Grund von Verletzungen in Serie ein wenig ins Hintertreffen geraten ist. Und weil der 28-Jährige sich eingestehen muss, dass die Konkurrenz im eigenen Team deutlich größer geworden ist.

Der Wandel von Hannover 96 von einer grauen Maus der Fußball-Bundesliga zu einer gefürchteten Konstante wird Stück für Stück zur Gefahr für Schulz. Es ist erst ein paar Monate her, als sie noch froh waren, dass er nicht zum VfL Wolfsburg ging. Mittlerweile aber muss der frühere Nationalspieler froh sein, wenn er durchgängig zur hannoverschen Anfangself gehört.

Schulz ist äußerst vielseitig einsetzbar, was erst einmal gut klingt. Man kann ihn vor, mitten in und links neben der Verteidigung einsetzen. Man kann aber auch festhalten, dass 96 auf diesen Positionen über Spezialisten verfügt, die es noch besser können als er. So bringt Christian Pander eine Stärke bei den Standardsituationen mit sich, auf die Trainer Mirko Slomka eigentlich nicht verzichten kann. Und mit Konstantin Rausch steht ein weiterer Linksfuß in Konkurrenz zu Schulz, der deutlich schneller und dynamischer agiert.

Im Fernduell streiten die Hannoveraner gerade mit Werder Bremen um den erneuten Einzug in die Europa League. Kommenden Sonntag treffen beide im Weserstadion aufeinander. Dass Schulz ausgerechnet dann wegen einer unerlaubten Anhäufung von Gelben Karten gesperrt sein wird, passt ins Bild: Die Weiterentwicklung von Hannover 96 wird möglich, weil neben den gewohnten auch andere Namen in den Vordergrund drängen. Der Routinier Schulz, vertraglich bis zum Sommer 2014 an Hannover 96 gebunden, ist da nur noch einer unter vielen.  CHRISTIAN OTTO