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Archiv-Artikel

„Manche fragen uns nach der Uhrzeit“

NOTRUF Viele Anrufe bei der 110 sind unnötig oder sogar „Spaßanrufe“, sagt der Leiter der Notrufzentrale

Von N. AHR
Thomas Böttcher

Der 52-Jährige ist Polizeidirektor und Leiter der Funkbetriebszentrale der Berliner Polizei.

taz: Herr Böttcher, Sie leiten die Funkbetriebszentrale der Berliner Polizei. Bei Ihnen landen alle Anrufer in Berlin, die die 110 wählen. Wie viele sind das pro Jahr?

Thomas Böttcher: Im Jahr 2008 sind ungefähr 1,3 Millionen Anrufe eingegangen. Daraufhin musste die Polizei 677.000 Mal ausrücken.

Also hat nur etwa die Hälfte der Notrufe auch einen polizeilichen Einsatz zur Folge. Wie erklärt sich diese Differenz?

Nicht bei jedem Anruf handelt es sich auch um einen Notruf. Die Menschen rufen auch an, weil sie Auskünfte von der Polizei haben wollen. Es gibt böswillige Anrufe, Betrunkene rufen an, bei denen wir nicht so genau verstehen, was sie von uns wollen. Und dann gibt es da auch noch die sogenannten Spaßanrufe.

Zum Beispiel?

Manche fragen uns nach der Uhrzeit, dem nächsten Geldautomaten oder nach dem aktuellen Fernsehprogramm.

Was sagen Sie denen?

Wir geben dem Anrufer freundlich, aber bestimmt zu verstehen, dass der Polizeinotruf dafür nicht zuständig ist.

Seit dem 15. Juli hat der polizeiliche Notruf eine Bandansage eingerichtet, warum?

Bei vielen Anrufern gleichzeitig kann nicht jeder Anrufer sofort angenommen werden. Wir haben früher die Erfahrung gemacht, dass die Leute einfach auflegen, wenn der Anruf nicht direkt bearbeitet wird. Die Bandansage springt nach drei Rufzeichen an und bittet den Anrufer, eben nicht aufzulegen.

Es kann also durchaus zu Wartezeiten kommen. Was raten Sie Anrufern, die in der Warteschleife hängen?

Auf keinen Fall auflegen! Denn wer auflegt und noch einmal anruft, muss sich technisch bedingt wieder hinten anstellen. Wir sind kein Callcenter, bei dem man eine freie Leitung erwischen kann. Das hat auch mit Gerechtigkeit zu tun, nämlich dem Wunsch, die Anrufe in der Reihenfolge ihres Eingangs abzuarbeiten.

Und wofür gibt es das Bürgertelefon der Polizei, die 46 64-46 64?

Im Prinzip ist das Bürgertelefon für alle polizeilichen Angelegenheiten zuständig, bei denen es sich nicht um einen direkten Notfall handelt. INTERVIEW: N. AHR