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Wenn die Invasion schon wieder vorbei ist

Es ist Mitternacht oder kurz davor, und auf dem Weg ins Bett erfreue ich mich noch ein bisschen an den letzten verrinnenden Regentropfen am Fenster. Bis mir einfällt, dass draußen Wäsche hängt. In Hausschuhen husche ich ins Dunkel des Gartens und halte gleich wieder inne. Irgendwas knackt komisch unter der Sohle und schürt ein ungutes Gefühl.

Im trüben Licht des Handys entdecke ich ein Schneckenhaus. Und noch eins. Und noch mehr. Knapp 30 Tiere ziehen ihre Schleimspuren über das Pflaster und strecken wie in Zeitlupe die Fühler aus. Auf Zehenspitzen wage ich noch ein paar Schritte Richtung Rasen, leuchte tiefer ins Dunkel und zucke zurück: Inmitten der Schneckenhäuser winden sich auch zwei riesige Nacktschnecken. Beide deutlich über zehn Zentimeter lang, glitzern die Biester mit schwarzen und gelben Streifen.

Syke

25.270 Ein­wohner*innen. Spricht sich Sieke, nicht Syke, und zieht seine relative Größe aus 13 „Ortsteilen“, die Ortsfremde (völlig zu Recht) für jeweils einzelne, entlegene Dörfer halten. Dass die globale Schnecken­invasion von 2025 gerade hier in Nieder­sachsen ihren Anfang nahm, scheint Zufall zu sein.

Die Wäsche bleibt erst mal, wo sie ist, weil ich zurück ins Haus und an den Rechner stolpere. Über einem Bier für den Seelenfrieden googele ich die schwarz-gelben Ungetüme. 20 Minuten später bin ich bereit, die Wäsche zu holen, mit festeren Schuhen an den Füßen und einer richtigen Taschenlampe in der Hand. Allein: Die Schnecken sind verschwunden. Alle, spurlos. Und sie waren nie wieder gesehen. Jan-Paul Koopmann

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