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Archiv-Artikel

Isaf-Chef McChrystal: Taliban haben jetzt die Oberhand

AFGHANISTAN In mehreren Gebieten müssen die Wahlen unter Umständen verschoben werden

KABUL rtr/afp | Eineinhalb Wochen vor der Präsidentenwahl in Afghanistan haben die radikalislamischen Taliban nach Angaben der internationalen Schutztruppe Isaf die Oberhand gewonnen. Die Extremisten hätten ihren Einfluss über ihre traditionellen Hochburgen im Süden und Osten des Landes hinweg auf den Norden und Westen des Landes ausgeweitet, warnte Isaf-Chef US-General Stanley McChrystal in einem am Montag auf der Internetseite des Wall Street Journal veröffentlichten Interview.

Verstärkte Angriffe der Extremisten untermauerten die Einschätzung McChrystals: Im nordafghanischen Kundus sprengte sich ein Selbstmordattentäter neben einem Konvoi belgischer und afghanischer Soldaten in die Luft. Verletzt wurde niemand, Angehörige der Bundeswehr waren nicht betroffen. In der Stadt Pule Alam griffen Taliban-Kämpfer mehrere Regierungsgebäude an und töteten nach Angaben einer Hilfsorganisation mindestens fünf Polizisten.

Der Schwung der Taliban müsse gestoppt werden, aber „es ist harte Arbeit“, sagte McChrystal. Ihr Vormarsch habe einen Strategiewechsel der ausländischen Truppen nötig gemacht. Der General warnte davor, dass die Opferzahlen noch einige Monate auf Rekordhöhen liegen könnten.

Die Gewalt in Afghanistan ist seit Beginn einer Großoffensive gegen Taliban-Hochburgen im Süden des Landes eskaliert. Im Juli erreichte die Zahl der getöteten ausländischen Soldaten einen Höchststand. Auch deutsche Soldaten sind im Norden des Landes zuletzt vermehrt ins Visier Aufständischer geraten.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung hatte am Wochenende zwölf Prozent des deutschen Einsatzgebiets im Norden als akut bedroht bezeichnet. Zugleich räumte er erneut ein, dass sich die Sicherheitslage in der Region Kundus verschärft habe. Um Afghanistan endgültig zu stabilisieren, werde die internationale Gemeinschaft noch mindestens fünf bis zehn Jahre brauchen, sagte der Minister in dem Interview der Bild am Sonntag.

Die afghanische Wahlbehörde teilte mit, dass die Abstimmung in mehreren Gebieten unter Umständen verschoben werden müsse. Wo die Sicherheit nicht garantiert werden könne, werde es „ernsthafte Probleme“ geben, sagte der Vizechef der Wahlbehörde. In 35 Distrikten seien afghanische und internationale Truppen in Kämpfe mit Aufständischen verwickelt, neun Distrikte würden von den Aufständischen kontrolliert. Er rechne damit, dass insgesamt 93 Wahllokale in zehn Distrikten am 20. August geschlossen bleiben werden, fügte der Sprecher hinzu.