: Danach kam das vierte Desaster
SCHADEN Japans Wirtschaft bleibt langfristig geschwächt
Sie war auf dem Weg der Besserung. Erstmals seit Jahren war Japans Wirtschaftsleistung 2010 um 4,4 Prozent wieder kräftig angestiegen. Dann aber brachte das dreifache Desaster – Erdbeben, Tsunami, Atom-GAU – ein viertes mit sich: Die Wirtschaftsleistung der weltweit drittgrößten Volkswirtschaft brach im wahrsten Sinne des Wortes ein.
Na ja, tatsächlich betroffen ist doch nur eine kleine Region, dachten anfangs noch die katastrophenerprobten Japaner. In den großen Wirtschaftsballungszentren Tokio und Osaka hielten sich die Schäden auch in Grenzen. Doch Japans Industriegesellschaft ist hochkomplex. Das Erdbeben mit der Stärke 9,0 hatte nicht nur die Präfektur Fukushima zerstört, sondern auch große Teile der nahe gelegenen Industriemetropole Sendai. Und diese Region war für die Industrie dann doch relevant.
Nicht nur, dass Erdbeben und Tsunami dort den gesamten Hafen im Nordosten Japans zerstörten. Auch die Autoindustrie legten sie fast vollständig lahm. Die Fabriken von Toyota, Nissan und Honda in der Region waren betroffen, für mehrere Wochen musste die gesamte Produktion aussetzen. Sony meldete zusammen mit den Elektronikkonzernen Panasonic und Sharp im vergangenen Steuerjahr einen Verlust von rund 13 Milliarden Euro. Japans Wirtschaft schrumpfte insgesamt um fast ein Prozent.
Was die Japaner vor allem entsetzte: Erstmals seit 1980 importierte das Land mehr, als es exportierte. Öl und Gas mussten kurzzeitig wegen der stillgelegten Meiler eingeführt werden. Nicht zuletzt aufgrund des starken Yen im Zuge der Eurokrise gab es auch beim Export einen heftigen Einbruch. Hinzu kommt: Japans Staatshaushalt ist langfristig geschädigt. Wegen des teuren Wiederaufbaus der Straßen, Häuser und Hafenanlagen wuchsen die ohnehin schon enormen Staatsschulden bis Ende 2011 auf ein Rekordhoch von 235 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Japan muss nun eine Herabstufung seines Ratings befürchten. Die Finanzierungskosten des Landes könnten dann dauerhaft steigen. FELIX LEE