: Interview: „Nicht voreilig zustimmen“
Vor einer Trennung sind beide Ehepartner auf jeden Fall gut beraten, wenn sie anwaltlichen Rat einholen, und zwar bei jeweils dem eigenen Anwalt. Sonja Schlecht, Berliner Fachanwältin für Familienrecht, vertritt seit nunmehr zwölf Jahren Frauen in Scheidungsverfahren.taz: Ehepaare, die sich einvernehmlich trennen wollen, beauftragen häufig nur einen einzigen Rechtsanwalt. Sie halten dieses Vorgehen für problematisch. Warum?Sonja Schlecht: Bei einer einvernehmlichen Trennung stimmt dann der nicht anwaltlich vertretene Partner den Anträgen des vertretenen Partners zu. Das schadet nichts, wenn sich beide über die Scheidungsfolgen einig sind und die Konsequenzen erkennen. Es ist aber ein Irrglaube, dass ein Anwalt beide Seiten vertritt. Anwälte dürfen nur im Interesse der Person tätig werden, die sie beauftragt hat. Alles andere wäre Parteiverrat. In der Praxis scheuen sich häufig Frauen davor – aus Unwissenheit oder Kostengründen –, eine eigene Rechtsvertretung in Anspruch zu nehmen. Was kostet eine anwaltliche Erstberatung?Eine Erstberatung kostet maximal 190 Euro. Wer kein oder nur ein geringes Einkommen hat, erhält Beratungshilfe, wobei zehn Euro aus eigener Tasche gezahlt werden müssen. Manche Rechtsschutzversicherungen übernehmen für Familienrechtsstreitigkeiten auch die Beratungsgebühr. In dem Gespräch werden Ansprüche geprüft, Unterlagen zusammengestellt sowie das Scheidungsverfahren und weitere Kosten besprochen. Welche weiteren Fehler können Ehepaare bei der Trennung denn noch vermeiden?Unter emotionalem Druck werden voreilig Schreiben aufgesetzt, zum Beispiel: „Unser Hausrat ist gerecht aufgeteilt“ oder „Der Zugewinn ist ausgeglichen“. Vielen Ehepartnern wird erst vor Gericht klar, dass Sie damit auf mögliche Ansprüche verzichtet haben. Manche Verzichtserklärungen haben im Hinblick auf Hartz IV auch fatale Folgen. Wurde freiwillig auf Unterhalt oder Zugewinn verzichtet, kann der Staat die Unterstützung verweigern.INTERVIEW: SIMONE WEIDNER
Infos: www.anwaeltinnen.de