: Summer of Resistance an den Unis
betr.: „Enttäuschung für Gebühren-Fans“, taz vom 9. 5. 05
Liebe taz, wir möchten doch klarstellen, dass seit der Besetzung des Freiburger Rektorats am Montag vergangener Woche durchaus mit der Universitätsleitung diskutiert wurde.
Allerdings ist von Seiten der Rektoratsleitung kein Entgegenkommen zu erwarten. Unser Rektor scheint es nicht für nötig zu befinden, sich mit uns ernsthaft auseinander zu setzen und befindet sich während der Besetzung lieber im Ausland. Er muss sich ja auch nicht, denn schließlich ist es dem AStA in Baden-Württemberg seit 1977 durch die Landesregierung Filbinger verboten, zu politischen Themen zu äußern. Wir wollen mitgestalten dürfen! Dazu brauchen wir einen mündigen AStA.
Da unser Rektor euphorisch von einem mehrheitlich durch außeruniversitäre LobbyistInnen besetzten Aufsichtsrat spricht, von Eliteuniversitäten schwärmt, und uns vorschlägt, statt zu studieren lieber ein Handwerk zu erlernen (das ist leider keine Polemik, sondern genau so von ihm im Rektorat geäußert worden), sehen wir das sozial gerechte Bildungssystem gefährdet und fordern seinen Rücktritt. Letztlich lehnen wir Studiengebühren ab, da sie sich sozial selektiv auswirken werden. Bitte unterstützen Sie uns!ALEXANDER FRANK, i. A. des Arbeitskreises Presse der Besetzer des Rektorats der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
Die Studierenden der Uni Freiburg haben sich nicht, wie suggeriert, rein gar nicht um die unnachgiebige Minderheit der Rektoratsbesetzer gekümmert, sondern diese – bei einer von Ihnen verschwiegenen Räumungsdrohung des Rektors – mit einer Spontandemonstration verteidigt.
Ganz unerwähnt bleibt auch, das in Stuttgart nach Polizeiangaben (!) am letzten Mittwoch 8.000 Studierende gegen Studiengebühren demonstriert haben. Da sind also fast ein Drittel aller Studierenden der Stadt auf die Straße gegangen.
Dass sich hier in meiner Umgebung die Haltung zu Studiengebühren außerhalb eines obskuren Arbeitskreises gedreht hat, ist mir nicht bekannt. Aber diesem räumen Sie dann ja auch gern großzügig Platz in ihrem Artikel ein. GREGOR FELLENZ, Stuttgart
Ich lese die taz schon seit Jahren sehr gerne, bei dem Artikel über die Studiengebühren habe ich mich allerdings über die mangelnde Recherche geärgert. Es ist durchaus nicht so, dass die Einführung der Studiengebühren schon von der gesamten Studentenschaft akzeptiert wird. Ich studiere in Stuttgart, und hier gibt es zum Beispiel mannigfaltige Proteste (8.000 Demonstranten bei der letzten Demonstration übrigens laut Polizeiangaben; siehe auch www.streikblog.de.vu). Aber nicht nur in Stuttgart gibt es Widerstand. Derzeit wird ein breiter Widerstand gegen die durchaus nicht sozialverträgliche Einführung von Studiengebühren organisiert.
OLIVER BISCHOFF, Stuttgart
Euer Artikel, der von der aktuellen Diskussion um die Studiengebühren handelt, hat in mir und meinem Umfeld für einige Aufregung gesorgt. Einige Dinge können nicht unkommentiert stehen bleiben.
Die Zahl der Studenten, die das Rektorat der Uni besetzten, schwankt. Tatsächlich übernachten dort Nacht für Nacht ca. 30 Personen. Das Rektorat wurde aber seit Ausrufung des Freiburger Frühlings von hunderten Studenten aller Freiburger Hochschulen besetzt. Hunderte – nicht 30! Studenten aller Freiburger Hochschulen – nicht eine kleine Minderheit!
Freiburger Studierende haben letzte Woche in Eigenregie für ihre Mitkommilitonen intelligente und pfiffige Studienangebote mit Vorlesungen, Workshops, etc. organisiert. Von Tausenden besucht – euch aber keine Zeile wert!
Viele Studierende haben sich aus Protest gegen die Erhebung von Studiengebühren den hiesigen 1.-Mai-Demos angeschlossen.
Letzen Dienstag zogen die Studierenden der Pädagogischen Hochschule über das Hochschulsportzentrum in die Innenstadt und trafen dort auf die Studierenden der Uni. Einige Hartgesottene surften und paddelten auf der Dreisam stadteinwärts! Nur nebenbei, auch diese Demo endete am/im Uni-Rektorat!
Der Artikel mahnt die fehlende „konstruktive Mitarbeit“ dieser „unnachgiebigen Minderheit“ an. Ich bin gegen Studiengebühren. Ich halte dies für eine grobe Benachteiligung gegenüber den sozial Schwachen in diesem unserem Lande! Junge Menschen hingegen sollen sich über Kredite ökonomisch binden. Viele von ihnen werden in der Schuldenfalle enden. Die Landesregierung hingegen hat in der gesamten Debatte um die Studiengebühren noch nicht einmal konkrete Vorschläge und Pläne unterbreitet. Soziale Auswirkungen werden von den Politikern vehement negiert.
Last, but not least geht es bei den Protesten nicht nur um Studiengebühren. Der gesamte Hochschulsektor steht vor einer gravierenden „Umstrukturierung“. Der Wirtschaft wird künftig erhebliche Mitsprache- und Einflussmöglichkeiten an den Hochschulen eingeräumt. Im Gegenzug werden bewährte demokratische Gremien ausgehebelt. Die Politik sollte Steuerschlupflöcher schließen und die im Grundgesetz garantierte freie Lehre gewährleisten, stattdessen lässt sie zu, dass (vor allem Groß-)Unternehmen sich armrechnen und sich mit ihren Milliardengewinnen in unsere Hochschullandschaft einkaufen. ALEXANDER BIERMAYER, Freiburg
In Hamburg haben sich bei einer Abstimmung 94 Prozent der Studenten gegen Gebühren ausgesprochen. Das von Herrn Füller immer wieder gezeichnete Bild, die Asten sind gegen Gebühren, der Rest der Studis aber dafür, ist schlicht falsch.
Sehr viele Asta-Referenten arbeiten zurzeit gegen eine geringe Aufwandsentschädigung 30 Stunden und mehr pro Woche bei der Vorbereitung und Durchführung des „Summer of Resistance“.
In Stuttgart, Freiburg, Hamburg und vielen anderen Städten gibt es in diesen Tagen zahlreiche Aktionen gegen Studiengebühren. Doch selbst der massive und äußerst gewalttätige Polizeieinsatz gegen friedlich demonstrierende Studenten in Hamburg war den Medien, auch der taz, keinerlei Berichterstattung wert. Es stellt sich die Frage, ob die Redaktion der taz nur geschlafen hat oder ob es ganz bewusst kaum Berichterstattung gibt, da sich laut Herrn Füller ja nur „Minderheiten“ engagieren. PHILIPP MAYR, Darmstadt
Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.