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Landeverbot für türkische Onur Air

Wegen Sicherheitsmängeln verbietet Luftfahrt-Bundesamt, deutsche Flughäfen anzufliegen. Onur Air vermutet in Wirklichkeit politische und wirtschaftliche Gründe. Auch in den Niederlanden Flugverbot. 12.000 Urlauber sind auf Ersatzflüge angewiesen

„Das Landeverbot ist politisch und wirtschaftlich motiviert“

AUS FRANKFURT KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Landen verboten: Das Luftfahrt-Bundesamt hat der türkischen Charterfluggesellschaft Onur Air wegen Sicherheitsmängeln mit sofortiger Wirkung die Flugerlaubnis entzogen. Wie eine Sprecherin der Behörde gestern sagte, gilt das Einflugverbot nach Deutschland unbefristet. Konkretere Angaben zu den festgestellten Sicherheitsmängeln wollte sie zunächst nicht machen. Zuvor hatten die niederländischen Behörden ein solches Verbot ausgesprochen.

Auf dem Flughafen von Antalya kam es zu Panikreaktionen. Rückreisewillige Urlauber aus den Niederlanden und aus Deutschland kämpften „um jeden Sitzplatz“ in den von den Reiseveranstaltern rasch georderten ersten Ersatzflugzeugen, wie ein Sprecher von Hapagfly (TUI) gestern morgen mitteilte.

Insgesamt sollen 12.000 Urlauber – davon 9.300 aus den Niederlanden – von dem unbefristeten Landeverbot für die Chartermaschinen betroffen sein. Im Laufe des Tages normalisierte sich allerdings die Lage in Antalya und auch auf den Flughäfen in Holland und Deutschland. Die Ersatzmaschinen flogen Brüssel an. Und die gestressten Reisenden wurden von dort aus mit Bussen nach Amsterdam oder Düsseldorf verfrachtet. Flüge von Frankfurt am Main oder Düsseldorf aus nach Antalya wurden jedoch auf heute verlegt. Und für Pfingsten müssen die Reisegesellschaften allein in Deutschland noch einmal Ersatzflüge für 900 Türkeireisende organisieren.

Dass überhaupt so schnell Ersatzmaschinen vor allem der niederländischen Charterfluggesellschaft Martinair bereit standen, die gestern allein rund 2.000 Urlauber zurückflogen, ist für Onur Air ein Beleg dafür, dass das Landeverbot „politisch und wirtschaftlich motiviert“ ist, so Rauf Gerz, Sprecher der Airline in Istanbul.

In der Türkei gilt die Fluggesellschaft als zuverlässig. Mit 28 Maschinen fliegt sie jede Woche 300-mal zwischen der Türkei und Westeuropa hin und her. In Deutschland gehören Hamburg, Berlin, Hannover, Münster, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart, München, Leipzig und Dresden zu den Zielflughäfen. Hinzu kommen zahlreiche türkische Inlandsflüge, wobei die einfache Strecke nur zwischen 40 und 65 Euro kostet.

Gerz’ Kollege Esat Aksak in Amsterdam warf der Luftfahrtbehörde in den Niederlanden denn auch vor, eine „chauvinistische Haltung“ eingenommen zu haben. Airlines in den Niederlanden seien so „Marktanteile zugeschanzt“ worden. Zudem habe das Luftfahrtbundesamt das in den Niederlanden schon am vergangenen Dienstag verhängte Landeverbot für die Flugzeuge von Onur Air „ungeprüft übernommen“. In den Niederlanden reichte die türkische Fluggesellschaft inzwischen Klage gegen das Verbot ein. Für Deutschland erwägt Onun Air gleichfalls, vor Gericht zu ziehen.

Beim Luftfahrtbundesamt war gestern nicht zu erfahren, welche technischen Mängel denn bei den Maschinen von Onur Air von den Niederländern moniert worden seien. Und auch nicht, ob sich andere europäische Länder dem Boykott anschließen. Es ist das erste Mal, dass das Luftfahrtbundesamt ein unbefristetes Landeverbot für eine europäische Fluggesellschaft aussprach.

Onun Air erklärte gestern, alles zu unternehmen, um seine „Flugzeuge in einem guten Zustand zu erhalten“. Viele Reiseveranstalter in Deutschland wie Thomas Cook und die Türkeispezialisten Demed und Nazar arbeiteten bislang mit Onun Air zusammen. Gebuchte Reisen in die Türkei müssten nicht storniert werden, so die Veranstalter. Der Ersatzverkehr funktioniere inzwischen.

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