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Außenpolitische Personalrochade in Washington

Mike Waltz wird UN-Botschafter, Außenminister Rubio auch noch Nationaler Sicherheitsberater

Von Bernd Pickert

Es war eine ganze Reihe außenpolitischer Personalentscheidungen in kurzer Zeit, die Ende vergangener Woche in den USA für Diskussionen sorgten. Zunächst wurde am Donnerstag bekannt, dass der Nationale Sicherheitsberater Mike Waltz und sein Stellvertreter Steven Wong ihre Posten verlieren würden. Waltz, der als außenpolitischer Falke galt, dem die russlandfreundliche Politik von Trumps Maga-­Lager nicht schmeckt, war in den wochenlangen Verhandlungen über die Ukraine praktisch kaltgestellt. Die Tatsache, dass er es war, der die Signalgruppe zur Diskussion über die damals bevorstehenden Angriffe gegen die Huthi-Miliz im Jemen eingerichtet und auch noch den Chefredakteur des Atlantic hinzugefügt hatte, bot dann einen Anlass, ihn loszuwerden.

Allerdings nahm der US-Präsident auf „Signalgate“ dann in seiner Begründung darauf überhaupt nicht Bezug – das hätte die Frage aufgeworfen, warum er seinen umstrittenen Verteidigungsminister Pete Hegseth im Amt belässt. Denn der war es, der in der Gruppe die wirklich sensiblen Informationen geteilt hatte.

Und Trump schickte Waltz auch nicht in die Wüste, sondern nominierte ihn vielmehr als US-Botschafter bei den Vereinten Nationen. Für diesen Posten hatte Trump eigentlich die Abgeordnete Elise Stefanik vorgesehen, deren Nominierung aber im März zurückgezogen. Die hauchdünne Mehrheit der Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen im Repräsentantenhaus, so die Überlegung, sollte denn doch nicht durch eine unsichere Nachwahl gefährdet werden.

Im Vergleich zum Posten des Nationalen Sicherheitsberaters hat der Botschafter für die UN wenig Einfluss auf die Politik – zumal Trump von den UN ohnehin nicht viel hält. Mit Stefanik wäre eine 150-prozentige Trump-Loyalistin zu den UN nach New York gegangen – Waltz scheint eher dorthin abgeschoben.

Nationaler Sicherheitsberater – ein Posten, der keine Bestätigung durch den Senat braucht – wird nunmehr in Doppelfunktion Außenminister Marco Rubio. Der Letzte, der beide Funktionen gleichzeitig ausfüllte, war Henry Kissinger unter den Präsidentschaften von Richard Nixon und Henry Ford.

Als Botschafter bei den UN hat Mike Waltz nicht mehr viel Einfluss auf die Politik

Rubio hält damit derzeit einen kleinen Rekord: Neben Außenminister und Sicherheitsberater ist er außerdem noch geschäftsführender Chef der quasi abgewickelten US-Entwicklungsagentur USAID und der Verwaltung des Nationalarchivs.

Aber Rubio, der Sohn kubanischer Einwanderer und frühere Senator aus Florida, der noch 2016 in den republikanischen Vorwahlen gegen­ Trump angetreten war und – ähnlich wie Waltz – als traditioneller republikanischer Außenpolitiker galt, ist politisch nicht mehr erkennbar. Noch weit ins vergangene Jahr hinein hatte er eine klare Position zur bedingungslosen Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression vertreten. Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland sei vollkommen inakzeptabel, hatte er wieder und wieder erklärt. Und obwohl auch er – wie parteiübergreifend die meisten US-amerikanischen Außen- und Si­cher­heits­po­li­ti­ke­r*in­nen – seit Langem von den europäischen Nato-Mitgliedern gefordert hatte, mehr für ihre eigene Sicherheit zu tun, hatte er die Rolle der USA innerhalb der Nato niemals infrage gestellt, wie es Trump und seine Vize J. D. Vance seit Monaten tun.

Ende Februar jedoch saß Rubio regungslos neben J. D. Vance, als Trump und er im Oval Office den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj demütigten – und ergeht sich in öffentlichen Lobhudeleien über die unglaublichen Führungs- und Verhandlungsfähigkeiten Donald Trumps. Auf diese Verhandlungen allerdings dürfte Rubio auch weiterhin quasi keinen Einfluss haben: Die Fäden in der Hand hält Trumps Sonderbeauftragter und alter Immobilienkumpel Steve Witkoff. Der hat keinerlei außenpolitische Erfahrung, aber Trumps volles Vertrauen. Das ist die Währung, an der auch Rubios politisches Schicksal hängt, bis hin zur Selbstaufgabe.

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