: „Wieder mehr Berliner im Team“
Henning Harnisch, Manager von Alba Berlin, überlegt, die Jugendarbeit auszubauen. Für ausländische Spieler sei der Basketballbundesligist oft nur Durchgangsstation
taz: Herr Harnisch, wie wird man Alba-Manager, als ehemaliger Spieler und Basketball-Kolumnist?
Henning Harnisch: Oh je, so eine Frage gleich zu Beginn. Ja, das hört sich dramatisch an. Wie man das wird? Tja.
Indem man einen Anzug anzieht und in der Halbzeit Fernsehinterviews gibt?!
So einfach ist es nicht. Ich bin letzten Sommer mit der Uni fertig geworden. Ich hatte dann die Möglichkeit mitzuarbeiten. Und ich hatte Glück, dass mir der Einstieg sehr leicht gemacht wurde. Gemobbt wird hier bis jetzt auch noch nicht.
Es dürfte Ihnen entgegengekommen sein, dass man als Manager bei Alba nicht so eine exponierte Position einnimmt.
Manche Leute finden es ganz lustig, wie viele Leute im Alba-Management arbeiten. Aber letztlich spiegelt das nur die professionelle Entwicklung wider. Wir haben einen fürs Marketing, einen PR-Mann, den Vizepräsidenten Marco Baldi quasi als Obermanager – und mich. Ich muss mich nicht vordergründig mit Marketing und Finanzen abgeben. Ich bin so etwas wie ein Sportmanager. So einen Posten leistet sich in Basketball-Deutschland nur noch ein Verein: Köln. Im ersten Jahr sollte man auch eher im Hintergrund bleiben und sich einarbeiten.
Was hat sich im Vergleich zu Ihrer Zeit als Spieler verändert?
Spontan fallen mir zwei Dinge an. Die Geschäftsstelle ist größer geworden. Und zweitens: Die Mannschaft ist viel internationaler geworden. Das war vor sechs Jahren nicht so. Das ist dieses Jahr extrem. Wir haben neun Spieler aus dem Ausland. Da stellen sich Fragen nach Integration und Identifikation. Früher bildeten den Stamm der Mannschaft nicht nur Deutsche, sondern sogar Berliner. Das war sensationell. Damals waren mindestens die Hälfte der Spieler Kinder der Stadt. Einem Steglitzer Profi musste man nicht erklären, was Berlin bedeutet. Wenn wir nun Ausländer holen, dann müssen wir ihnen klar machen, dass wir keine Durchgangsstation sind, so nach dem Motto „Heute hier, morgen da“ und alles dreht sich nur um Agenten und Geld. Warum sollte es uns nicht wieder gelingen, Grundlagenspieler aus Berlin im Team zu haben?
Ist das realistisch?
Es gab die Spieler, die den Sprung geschafft haben. Und die Zusammenarbeit mit Lichterfelde ist immer noch gut. Derzeit haben wir in Sascha Leutloff einen Spieler, der in die erste Mannschaft gefunden hat. Er ist der Erste, der aus Prenzlauer Berg kommt, unserer Heimat. Wir wollen diese Partnerschaft weiterentwickeln. Bisher hat Alba die Arbeit ausgelagert. Wir denken darüber nach, ob es nicht sinnvoll ist, irgendwann eine eigene Alba-Jugend zu haben, um diesen Aspekt noch mehr unter eigener Kontrolle zu haben.
Was sich bei Alba nicht verändert hat, ist das Credo: Alba, der gute Verein, der brave Branchenführer.
Nach wie vor kriegen die Spieler pünktlich ihr Geld. Und ja, es gibt einen bestimmten Alba-Stil, auch wenn das letztlich schwammige Kriterien sind.
Allerdings hatte Alba in diesem Jahr einiges zu verkraften, man wurde von der Normalität eingeholt: Es gab eine Trainerentlassung und einen Dopingfall um Spieler Michael Wright.
Das war etwas Besonderes. Alba hatte in 15 Jahren drei Trainer. Mucki (Emir Mutapcic; die Red.) hat für den Verein 14 Jahre gearbeitet. Und dann kam noch diese Dopinggeschichte, die uns eiskalt erwischt hat. Zuerst denkt man bei Doping: Lepra. Dieser Fall ist aber komplex. Auch wenn wir mit dem Einspruch vor dem Berufungsgericht des Verbandes gescheitert sind: Rechtlich stehen wir gut da.
Tut sich Alba eine Gefallen damit, nun vor ein Zivilgericht zu gehen und damit die Ebene der Sportgerichtsbarkeit zu verlassen?
Wir haben eine Verpflichtung zu klagen – auch dem Spieler gegenüber. Denn er hat diese Strafe erhalten. Es geht uns ums Recht. Punkt.
Wagen Sie vorauszusagen, wer neben Alba im Finale steht?
Wir denken nicht weiter als zum nächsten Spiel. Wir sind erst im Viertelfinale. Falls wir weiterkommen, müssen wir uns wohl mit Frankfurt, Bamberg oder Köln auseinander setzen.
INTERVIEW: MARKUS VÖLKER