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Archiv-Artikel

Deutsche Bank unter Beschuss

Auf der Hauptversammlung des Branchenprimus wird es heute Kritik von allen Seiten hageln. Anders als befürchtet, ist das Ende der Deutschland AG aber wohl noch nicht gekommen

VON HERMANNUS PFEIFFER

Angeschlagen geht die Deutsche Bank in ihre heutige Hauptversammlung: Aktionäre und Gewerkschaft Ver.di wollen protestieren. Die Kritik richtet sich gegen den Abbau von Jobs trotz Rekordgewinne – und gegen den schwachen Aktienkurs.

Schlecht für die Stimmung in Frankfurt am Main ist auch der Flop an der Deutschen Börse, wo Aufsichtsratschef und Deutsch-Banker Rolf E. Breuer vor amerikanischen Hedgefonds einknicken musste – und seinen Job zum Jahresende loswerden wird.

Dieser unrühmliche Abgang Breuers wird als Ende der „Deutschland AG“ angesehen, die das vielfältige Netz zwischen den führenden deutschen Konzernen bezeichnet, in dessen Zentrum die Deutsche Bank sitzt. „Die Deutschland AG hat sich aufgelöst“, sagt Finanzexperte Wilhelm Hankel. „Wir erleben eine Europäisierung.“

Beim Bankenverband BdB sieht man angelsächsische Anleger als Gewinner. Dass diese sich nun heftig einmischen können, sei eine Folge des Zusammenbruchs der Deutschland AG. Verbandschef Klaus-Peter Müller: „Nachdem die deutsche Öffentlichkeit sich aufgeregt hat, dass es eine Deutschland AG gibt, beginnt sie jetzt Traueranzeigen aufzugeben und Kondolenzbriefe zu schreiben.“

Die Zahlen unterstützen Müllers und Hankels Sicht nur scheinbar. Internationale Finanzinvestoren besitzen laut der Fondsgesellschaft DWS zwar 44 Prozent der Aktien der dreißig DAX-Konzerne. Diese Angabe bezieht sich jedoch nur auf den frei verfügbaren Streubesitz. Dicke Aktienpakete der Unternehmerfamilien Quandts (BMW), Schickedanz (Karstadt) oder der Deutschen Bank (DaimlerChrysler) sind gar nicht mitgerechnet.

In den Abgesang auf die Deutschland AG will der Bremer Finanzprofessor Jörg Huffschmid deshalb auch nicht einstimmen. Hinter ausländischen Finanzinvestoren verbürgen sich oft Aktienfonds mit deutschem Geld aus Luxemburg – viele Fonds hiesiger Banken und Sparkassen werden in dem Großherzogtum aufgelegt, weil dort die Zulassung laxer läuft und die Steuerersparnis erheblich ist. Die Deutschland AG sei nicht verschwunden, sagte Huffschmid der taz, sie habe sich modernisiert. Dank rot-grüner Steuergeschenke konnten Banken und Versicherungen – wie von der Politik verlangt – sperrige Beteiligungen endlich versilbern, um ihr Kapital profitabler einzusetzen oder Finanzlöcher zu stopfen. Diese Aktien landen bei Investmentgesellschaften, die nun verstärkt Einfluss auf die Hauptversammlungen nehmen – und meist Banken gehören. Finanziert werde der Deal von Millionen Anlegern, die Anteile an Aktienfonds kauften.

„Die Deutsche Bank ist nicht mehr so dominant wie früher“, meint Henry Mathews vom Dachverband der Kritischen Aktionäre. „Aber die Deutschland AG lebt, leider.“ Die Kontrolleure kontrollieren sich reihum gegenseitig, ein Dutzend Köpfe treffe man auf jeder wichtigen Hauptversammlung. Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank bestimmen beispielsweise bei Allianz, BASF, Bertelsmann, E.on, Fiat, KfW-Bank, Siemens, ThyssenKrupp mit. Gleichzeitig sitzen rund 700 Topmanager in den Beiräten der Deutschen Bank, dort findet man auch ZDF-Intendant Schächter, FDP-Wirtschaftspolitiker Brüderle oder Kirchenpräsident Steinacker. Einsam ist es um die Deutsche Bank jedenfalls nicht geworden.