: Reklame schadet der Gesundheit
Bundeskabinett will nun doch Tabakwerbung in Zeitschriften verbieten. Besonders Jugendliche sollen besser geschützt werden. Verleger sehen Arbeitsplätze in Gefahr
FREIBURG taz ■ Jetzt macht Deutschland doch noch mit. Heute will die Bundesregierung ein Tabakwerbeverbot auf den Weg bringen. Das Kabinett wird einen Gesetzentwurf von Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) beschließen und damit eine EU-Richtlinie umsetzen, die Deutschland bisher bekämpft hat.
Verboten wird künftig Tabakwerbung in Zeitungen, Zeitschriften und im Internet. Außerdem wird Tabakfirmen das Sponsoring von grenzüberschreitenden Veranstaltungen wie der Formel 1 untersagt. Künast will damit vor allem junge Menschen vor der Nikotinabhängigkeit schützen. „Werbung will ja ein positives Gefühl vermitteln. Und wenn man feststellt, dass ein Verhalten grundsätzlich ungesund ist – und zwar für den, der raucht, und den, der nicht raucht –, dann fällt es mir schwer, dieser Werbung etwas Positives abzugewinnen.“
Protest kommt bisher vor allem von den Zeitschriftenverlegern. Deren Verband rechnet damit, dass durch das Verbot etwa ein Prozent der Werbeeinnahmen wegfallen würde. Eigentlich nicht viel, doch wegen der angespannten Konjunktur führe derzeit jeder Werberückgang direkt zu Arbeitsplatzverlusten. Die Sorgen der Verleger sind aber auch grundsätzlicher Natur. Sie fürchten, dass dem Werbeverbot für Zigaretten weitere Einschränkungen, etwa für Alkohol und Süßwaren, folgen könnten.
Die Bundesregierung hat im September 2003 gegen die EU-Richtlinie zum Tabak-Werbeverbot Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingelegt. Sie wirft darin der EU eine Kompetenz-Überschreitung vor. Die EU habe keine Zuständigkeit, das Recht der Mitgliedsstaaten im Bereich der Gesundheitspolitik zu harmonisieren.
Die vom EU-Ministerrat beschlossene Richtlinie zielt auf den Schutz des Binnenmarktes. Der internationale Vertrieb von Zeitschriften soll nicht durch unterschiedliche Werbevorschriften behindert werden. Die Bundesregierung hält dies für ein „Täuschungsmanöver“. Sie stützt sich dabei auf Zahlen der Zeitungsverleger, wonach nur ein Prozent der deutschen Zeitschriften im Ausland verkauft werden.
Dennoch hat die deutsche Klage beim EuGH in Luxemburg wenig Chancen. Denn dieser hat sich im Oktober 2000 schon einmal mit einem von der EU beschlossenen Tabakwerbeverbot beschäftigt. Damals kippte er ein umfassendes Werbeverbot – weil im ersten Anlauf auch Kinowerbung und Plakattafeln miterfasst waren und diese keine grenzüberschreitende Wirkung haben. Werbeverbote in Zeitschriften und Radio sowie beim Sponsoring hielten die EU-Richter ausdrücklich für möglich. Dies dürfte nun wohl auch der Grund sein, warum Deutschland nicht auf die EuGH-Entscheidung wartet und das in rot-grünen Kreisen eher populäre Werbeverbot nun doch umsetzt.
CHRISTIAN RATH