: Wenn der Bürgermeister nicht bekannt ist
Was ist eigentlich deine Meinung zu Peter Tschentscher?“, kommt es von hinter dem Mehlregal. „Zu wem?“ „Peter Tschentscher.“ „Was? Wer? Tsch … Tsch …“ „Tschen-tscher. Peter Tschentscher.“ „Wer ist das?“ Ich kann die beiden nicht sehen, aber von der Stimme her sind es junge Männer. Dass sie sich laut unterhalten und mit Kisten herumpoltern, zeigt, dass sie nicht zur Kundschaft des Biomarkts gehören. Es ist kurz vor Feierabend.
„Wer soll das sein?“, fragt der eine. „Das ist der Bürgermeister, Mann.“ „Keine Ahnung, ich hab’mich noch nicht umgemeldet.“ „Aber der war doch überall plakatiert, in der ganzen Stadt! So’n Typ mit Glatze und Brille. Hast du das echt nicht gesehen?“ „Nee.“
Hamburg-Sternschanze
12.855 Ein-wohner*innen.
Das Schanzenviertel war im Hamburger Doppelwahlkampf mit Wahlplakaten zugekleistert. Die SPD erhielt hier bei der Bürgerschaftswahl 18,2 Prozent der Stimmen, Grüne und Linke zusammen 64,6 Prozent.
Ich trete zwischen gefühlt hundert Getreidesorten aus dem Gang, um den Jüngeren hinter der Brottheke in Schutz zu nehmen. „Na ja, ehrlich gesagt, stand auf den meisten Plakaten sein Name gar nicht drauf“, sage ich. „Und die SPD auch nicht.“ „Echt nicht?“, fragt der Mann am Gemüsestand ungläubig. Er verdreht die Augen, als versuche er, sich zu erinnern. „Ja“, sage ich, „kein Wunder, dass er ihn nicht kennt.“ Doch der Kollege guckt spöttisch rüber und sagt: „Nee, er ist nur kein richtiger Hamburger.“ Jan Kahlcke
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