: Deutsche Bank – Bilanz gut, Ruf ruiniert
Ein unangenehmer Tag für Vorstandschef Ackermann: Er habe die ökonomischen Erfolge der Bank viel zu provokativ verkauft, warfen ihm Aktionäre gestern auf der Hauptversammlung vor. Abgestraft wurden er und die anderen Verantwortlichen nicht
AUS FRANKFURT KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Die Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Bank gleiche einem „schlechten Film aus dem Archiv von Leo Kirch“. Das erklärte der Sprecher einer Vereinigung von Privatanlegern gestern auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank in der Festhalle in Frankfurt am Main. Der verbale Hieb des Mannes mit der Fliege saß. Einige Anteilseigner der größten Bank in Deutschland schlugen sich vor Lachen auf die Schenkel. Beifall kam auch bei anderen Brandreden vor allem gegen Vorstandschef Josef Ackermann und den Aufsichtsratschef Rolf E. Breuer auf.
Gleich zu Anfang wurde Breuer gestern mit einem Antrag zu seiner Abwahl als Versammlungsleiter konfrontiert. Er, der frühere Vorstandsvorsitzende, könne die Hauptversammlung „nicht unbefangen und souverän“ leiten, weil er den von Kirch angestrengten Schadenersatzprozess schon in der zweiten Instanz verloren habe und der Deutschen Bank jetzt „ein Großschaden“ drohe. Tatsächlich hatte Breuer die Bonität von Kirch öffentlich in Frage gestellt, was für den Großunternehmer Kirch nicht nur ein Bruch des Bankgeheimnisses, sondern auch eine Rufschädigung mit finanziellen Folgen bedeutete.
Mit versteinerten Gesichtern nahmen die attackierten Spitzenmanager die geballte Ladung an Kritik an ihrer Informationspolitik und der „katastrophalen Außendarstellung“ der Bank zur Kenntnis. Die Abstimmung über den Abwahlantrag gegen Breuer noch vor der Rede von Ackermann brachte dann allerdings Klarheit über die tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse: Gerade mal 0,5 Prozent der anwesenden Kapitaleigner (25 Prozent) stimmten ihm zu. 99,5 Prozent lehnten ihn ab. Diese Mehrheit hielt Anteilsscheine im Wert von mehr als 60 Millionen Euro, die Minderheit kam auf knapp 300.000 Euro.
Also doch alles wie gehabt? Nicht ganz, auch wenn die späteren Anträge auf Nichtentlastung von Vorstand und Aufsichtsrat das gleiche Schicksal ereilte wie der Abwahlantrag. In einem Punkt waren sich kritische und Großaktionäre dieses eine Mal einig: dass die Exponenten der Deutschen Bank ihre unstrittigen ökonomischen Erfolge im abgelaufenen und im laufenden Geschäftsjahr konterkariert hätten – mit einer geradezu dilettantischen Informationspolitik und einer nicht mehr zu tolerierenden provokativen Öffentlichkeitsarbeit.
Dass Ackermann die Verkündung der 81-prozentigen Gewinnsteigerung im Geschäftsjahr 2004 auf satte 2,5 Milliarden Euro mit der Ankündigung von Massenentlassungen verknüpft habe, sei doch „der reine Wahnsinn“ gewesen, hieß es. Von einem „Kommunikations-GAU“ sprach ein anderer Aktionärsvertreter. Die Deutsche Bank habe „ökonomisch fast alles richtig gemacht, aber in der Öffentlichkeitsarbeit alles falsch“.
Dazu kommt noch, dass Ackermann seinen Freispruch im Prozess um die Millionenabfindungen an die Vorstandskollegen von Mannesmann nach der Vodafone-Übernahme wohl nicht mehr lange als „Sieg!“ wird feiern können: Die Bundesanwaltschaft hat beim Bundesgerichtshof Revision beantragt. Nicht wenige Juristen halten es für wahrscheinlich, dass sie damit durchkommt. An der Spitze der Deutschen Bank sei Ackermann dann wohl nicht mehr zu halten, mutmaßt der Stern aktuell und beruft sich dabei auf „Kreise der Bank“.
Ackermann geißelte gestern die „für alle in Deutschland schädliche Kapitalismusdebatte“. Die in diesem Zusammenhang geäußerte Kritik an der Deutschen Bank und an ihm persönlich stufte er als „beschämend“ für die Kritiker ein, die mit „Vokabeln aus der Zeit des realen Sozialismus“ auf Stimmenfang gingen. Im Ausland werde das alles nur noch „mit Kopfschütteln“ kommentiert. Über die Bank redete Ackermann auch: Die sei auf gutem Wege, sich als eine der „Topbanken der Welt“ zu etablieren. Aber an der „Kosteneffizienz“ müsse noch gearbeitet werden – ein dezenter Hinweis auf zukünftige Entlassungen. Gegen die aktuellen Kürzungen protestierten vor der Hauptversammlung rund 250 betroffene Investmentbanker und auch Gewerkschafter, unter ihnen Margret Mönig-Raane, die für Ver.di im Aufsichtsrat der Deutschen Bank sitzt.