Gut Ding will Weile haben

RETRO-SOUL-FOLK Hier weiß jemand ganz genau, was er will: Sieben Jahre hat Jonathan Jeremiah unermüdlich an seinem Debütalbum „A Solitary Man“ gebastelt. Das Ergebnis kann sich hören lassen: Der Londoner überrascht mit einem souveränen Ausflug in den Soul und Folk der 60er und 70er

Mit stoischer Beharrlichkeit und Unerschütterlichkeit hat Jonathan Jeremiah sein Ziel schon immer verfolgt: Seine erste Gitarre hat der Londoner einfach aus dem Musikraum seiner Schule geklaut und sich damit jahrelang auf dem Dachboden des engen Familiendomizils aus der tristen Realität herausgespielt. Bis er überzeugt war, dass seine Musik unbedingt auf die Bühne gehört. Absolut überzeugt.

Sieben Jahre hat er dann unermüdlich an seinem gerade mal halbstündigen Debütalbum gebastelt. Das macht satte 85 Tage pro Minute. Im August letzten Jahres ist die lang gereifte Platte bei Island erschienen. Und heißt folgerichtig „A Solitary Man“.

Weil der Scott Walker- und John Martyn-Fan in all den Jahren die Zügel nicht einmal aus der Hand gegeben hat: statt die Streicher einfach aus dem Keyboard zu zaubern, musste unbedingt das renommierte 24-köpfige Heritage Orchestra, das unter anderem schon mit Dizzee Rascal, Amon Tobin, Mike Patton oder Jamie Cullum zusammengearbeitet hat, ins kleine Analog-Studio in Dollis Hill, also: Extra-Schichten als Wembley-Stadion-Wache – mit jeder Nacht konnte der Mann mit der tiefen Stimme einen weiteren seiner Musiker bezahlen.

Das Ergebnis kann sich dafür auch hören lassen: statt des typischen Bärtiger-Barde-zupft-Folkiges-auf-der-Gitarre-Einheitsbreis gibt es einen überraschend souveränen und entsprechend von der britischen Kritik schon ausgiebig gefeierten Ausflug in die 60er und 70er: mal intim und minimalistisch, mal opulent arrangiert, mal mit Cat Stevens im Herzen, mal eher mit Marvin Gaye. Musik wie aus einer anderen Zeit. Einer Zeit ohne Hektik, in der die Dinge ganz langsam reifen dürfen. MATT

■ Hannover: Do, 22. 3., 21 Uhr, Capitol, Schwarzer Bär 2; Bielefeld: So, 25. 3., 21 Uhr, Ringlokschuppen, Stadtheider Straße 11; Hamburg: Mo, 26. 3., 21 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66 (ausverkauft)