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boulevard der bestenMichaelSontheimer

Foto: Rainer Berson

Dass die taz eine einzigartige Geschichte hat, ist das eine. Aber mit Schwarz-Weiß-Fotos davon zu erzählen, dass Spontis in grauer Vorzeit eine Zeitung gründeten, um es den Spießern und Reaktionären mal richtig zu zeigen – bei den meisten Menschen wäre das eine veritable Opa-erzählt-vom-Krieg-Situation.

Bei Michael Sontheimer ist es das Gegenteil. Wenn die Panter Stiftung, die er 2008 mit gründete, etwa Jour­na­lis­t:in­nen aus Afrika zu Workshops nach Berlin einlädt, zeigt er ihnen zur Begrüßung Fotos von den Redaktionskonferenzen und Autonomen-Besetzungen. Und wenn er mit seiner Geschichte fertig ist, dann wollen die Kol­le­g:in­nen aus Mauritius, Tansania und Südsudan mehr davon hören. Denn Michael Sontheimer ist dabei wie die taz selbst: voller Neugier und Begeisterungsfähigkeit.

1979 gründete er die taz mit. Das Porträtfoto ist ein Dokument dieser Zeit. Und Anfang der 1990er war er drei Jahre Chefredakteur. Wie man hört, war das damals eine lange Zeit.

Die Liste der taz-Kolleg:innen, die die Tür von außen zumachten und die Verbindung abbrechen ließen, ist lang. Er ging zum Spiegel und blieb doch auch noch bei der taz – bis heute. Im Kuratorium der Panter Stiftung treibt er seit vielen Jahren voran, was auch die taz umtreibt, seit es sie gibt: den Kampf für die Pressefreiheit.

So kommt es nicht von ungefähr, dass er verfolgten Whistleblowern besondere Aufmerksamkeit widmet. Kaum ein Journalist beschäftigte sich hierzulande über die Jahre so ausdauernd mit dem Schicksal von Julian Assange. Dass der für die Aufdeckung schwerer Kriegsverbrechen mit einem Leben im Knast bestraft werden sollte, brachte ihn so sehr auf wie wohl nur wenige andere.

Die Texte des Historikers erzählen oft von militanten Linken, von Hausbesetzern, Alternativkultur – mit einem Blick, dem jedes Satt-Zufriedene, jedes Abschließend-Nachrufhafte und erst recht jeder Zynismus fehlt. An den Geist früherer Widerständigkeit – und deren Fehler – zu erinnern, dient bei ihm immer auch dazu, diesen heute weiter wachzuhalten – und zwar vor allem im Journalismus.

Daran, dass die Panter Stiftung über die Jahre immer weiter wachsen konnte, hat er ähnlichen Anteil wie einst am Gedeihen der taz. 70 Jahre wird Michael Sontheimer in dieser Woche. Ohne ihn wäre die taz eine andere. Und so wünschen wir uns viele weitere gemeinsame Jahre und gratulieren ihm auf das Herzlichste. Christian Jakob

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