: Drei Frauen gegen Carstensen
LANDTAGSWAHL Parteitage von Grünen, Linken und SSW nominieren ihr Spitzenpersonal für die vorgezogene schleswig-holsteinische Landtagswahl am 27. September. Der grüne Fraktionschefs Hentschel scheitert
Die CDU nominierte bereits im Mai Ministerpräsident Peter Harry Carstensen erneut zum Spitzenkandidaten für den Wahlkampf. Damals war noch vom regulären Wahltermin Mai 2010 die Rede gewesen. Hinter dem 62-Jährigen rangiert auf Platz zwei sein Kronprinz: Der 38-jährige Agrar- und Umweltminister Christian von Boetticher.
■ Bei der SPD ist Partei- und Fraktionschef Ralf Stegner Spitzenkandidat. Hinter ihm rangieren die Ex-MinisterInnen Gitta Trauernicht und Lothar Hay.
■ Die FDP hatte schon Ende März den Fraktionschef Wolfgang Kubicki erneut zum Spitzenkandidaten gewählt. Die Liberalen wollen eine Koalition mit der CDU.
VON ESTHER GEISSLINGER UND SVEN-MICHAEL VEIT
Mit drei Frauen an der Spitze ziehen Grüne, Linke und Dänen in den schleswig-holsteinischen Landtagswahlkampf. Das beschlossen drei außerordentliche Parteitage an diesem Wochenende. Anke Spoorendonk ist zum zweiten Mal Spitzenkandidatin des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW), Monika Heinold (Grüne) und Antje Jansen (Linke) sind dies erstmals. CDU, SPD und FDP hatten zum Teil schon vor Monaten ihre üblichen Männer an die Spitze gewählt (siehe Kasten).
Auf dem Parteitag der Linken am Sonntag in Kiel wurde die 59-jährige Antje Jansen auf Platz 1 der Landesliste gewählt. Die Kita-Leiterin, in den 1990er Jahren Landesvorsitzende der Grünen, ist zurzeit Fraktionsvorsitzende der Linken in Lübeck. Die Reibereien, welche die Landespartei seit ihrer Gründung begleitet haben, schimmerten auf der Tagung noch durch. Es gab persönliche Erklärungen und in letzter Sekunde zurückgezogene Kandidaturen; um jeden Listenplatz bewarben sich mehrere Kandidaten. So gewann Jansen mit 47 Stimmen knapp vor Heidi Beutin aus Kiel (43 Stimmen) und Andrea Brunswik, die sich in ihrer Vorstellungsrede als „frisch und unbedarft“ bezeichnete und dafür drei Stimmen erhielt.
Auf Platz 2 setzte sich nach einer Stichwahl Heinz-Werner Jezewski aus Flensburg durch. Er schlug unter anderem den Landessprecher Björn Radke. Auf Platz drei schaffte es Ellen Streitbörger.
Mit einer Bewertung der Stimmungslage hielt sich Bundesparteichef Oskar Lafontaine, der zum Wahlkampfauftakt nach Kiel gekommen war, zurück: „Wenn eine Partei gegründet wird, gibt es Klärungsprozesse.“ Wichtig sei, dass diese „fair und sachlich“ verliefen, sagte Lafontaine.
Antje Jansen gab sich nach der Wahl siegesgewiss: „Wir können mit vier Abgeordneten in den Landtag einziehen.“ Vorstandsmitglied Raju Sharma rechnet dank Ausgleichsmandaten sogar mit sechs Abgeordneten. Ziel sei „knallharte Opposition“, so Jansen. Eine Regierungsbeteiligung komme nicht in Frage.
Die Grünen hingegen würden schon gerne regieren wollen, angeblich aber nicht um jeden Preis. „Dem Druck, unsere Inhalte irgendeiner Macht zu opfern, werden wir uns nicht beugen“, verkündete Parteichef Robert Habeck am Sonnabend auf dem Parteitag in Neumünster. „Opposition ist nicht Mist, sondern der Adel der Demokratie“, behauptete der 39-jährige Schriftsteller. Mit 99 von 104 Stimmen erreichte er bei seiner Kandidatur um Listenplatz 2 das beste Ergebnis. Heinold wurde auf dem ersten Rang mit 95 von 105 Stimmen nominiert, Habecks Co-Vorsitzende Marlies Fritzen erhielt auf dem dritten Platz 89 von 107 Stimmen.
Nicht mehr dabei ist hingegen Karl-Martin Hentschel. Der langjährige Fraktionsvorsitzende lehnte es nach 13 Jahren im Landtag ab, den Zufall über seine politische Karriere entscheiden zu lassen. Im zweiten und dritten Wahlgang um Listenplatz 4 hatte es ein Stimmenpatt zwischen ihm und dem Sylter Sozialpolitiker Andreas Tietze gegeben. Als deshalb gelost werden sollte, verkündete Hentschel in einer persönlichen Erklärung, dafür nicht bereitzustehen.
Ihm sei die Partei immer wichtiger gewesen als sein persönliches Fortkommen, sagte der 59-Jährige. „Ich bin nicht pflegeleicht, sondern hartnäckig.“ Er müsse es akzeptieren, wenn er damit „bei einigen aufgelaufen“ sei. Die minutenlangen Ovationen, die ihm die sichtlich betretenen Delegierten spendeten, kommentierte Hentschel trocken: „So viel Beifall habe ich noch nie bekommen.“ Einen schweren Stand hatte auch der Energiepolitiker Detlef Matthiesen. Der Abgeordnete, vor vier Jahren auf Listenplatz sechs, wurde auf zwölf durchgereicht. Zwischen Heinold und ihm rangieren nun zehn Neulinge.
Mit der 61-jährigen Anke Spoorendonk auf Platz eins einer zehnköpfigen Landesliste zieht der SSW in die Wahl. Die Lehrerin, die seit 1996 Abgeordnete ist, war im März 2005 durch die Verhandlungen über die Tolerierung eines rot-grünen Minderheitenkabinetts von Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) bekannt geworden. Das Scheitern dieser „Dänen-Ampel“ führte zur großen Koalition – jetzt wäre der SSW auch zu einer Koalition mit SPD und Grünen bereit.
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