: Moskau mobbt Medien
Russland annulliert die Presseakkreditierung eines französischen Journalisten
Von Barbara Oertel
Benjamin Quénelle, Russland-Korrespondent der französischen Zeitung Le Monde, muss seine Koffer packen. Der Grund: Das Moskauer Außenministerium hat seine Akkreditierung annulliert. Diese war bereits vor vier Monaten „ausgesetzt“ worden. Quénelle ist seit mehr als 20 Jahren für französische Medien in Moskau tätig: zunächst für La Croix und Les Echos sowie schließlich für Le Monde.
Der Entzug der Akkreditierung war offiziell als Antwort darauf bezeichnet worden, dass die französische Botschaft in Moskau dem Vertreter der Komsomolskaja Pravda, Alexander Kudela, zweimal ein Arbeitsvisum verweigert habe. Das Los sei leider auf Quénelle gefallen, dessen Akkreditierung lediglich eine technische Verlängerung erfordert habe. Die Wahl habe keinen politischen Hintergrund gehabt, sagte die Sprecherin des Außenministeriums Maria Sacharowa. „Wenn das Problem mit der Ausstellung von Visa für russische Journalisten gelöst ist, wird dem französischen Korrespondenten eine Akkreditierung erteilt“, so Sacharowa.
Demgegenüber begründet das französische Außenministerium seine Entscheidung im Fall von Alexander Kudela damit, dass dieser kein Journalist, sondern ein Agent russischer Geheimdienste sei.
Bereits am Mittwoch hatte der Chefredakteur von Le Monde, Jérôme Fenoglio, in einem Editorial zu dem Fall Quénelle Stellung genommen. „Dieser Entzug unseres Rechtes, unseren Beruf in Russland auszuüben, ist beispiellos“, heißt es darin. Selbst in den angespanntesten Momenten des Kalten Krieges habe Le Monde seine Arbeit in Moskau und anderswo fortgesetzt, um die Realität und Komplexität dieses kontinentalen Landes zu erzählen und zu erklären. Jetzt gebe es jedoch ein neues Hindernis für die Informationsfreiheit im Land, insbesondere seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine 2022.
Moskaus Motto „wieder eine/r weniger“ lässt die Zahl ausländischer Korrespondent*innen, die alle drei Monate ihre Akkreditierung verlängern lassen müssen, weiter schrumpfen. Ohnehin sind von den Vertreter*innen der schreibenden Zunft nur noch einige wenige übrige geblieben. Im November vergangenen Jahres hatte Moskau zwei Mitarbeiter der ARD ausgewiesen. Man sei gezwungen, diese spiegelbildlichen Maßnahmen zu ergreifen, hatte Maria Sacharowa gesagt. „Es ist die Antwort auf das unfreundliche Vorgehen Berlins.“
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