: „Da machen wir nicht mit!“
Das wahre Interview: Der Chef des Berliner DIN über Normen und Trump und einen Anruf von Musk
Interview Harriet Wolff
Das Deutsche Institut für Normung, kurz DIN und mit Dienstsitz in Berlin, hat dieser Tage nach eigenen Angaben „eine Transparenz-Offensive“ gestartet. Denn: „Normung lebt von Mitwirkung“, schrieben die obersten Kanten- und Eckenprüfer jetzt in einer faktisch korrekten Pressemitteilung. Die Wahrheit hat diese Meldung zum Anlass genommen, ein Interview mit DIN-Chef Klaus-Henning Strunkel führen zu dürfen und zu können. Kernfrage: Wie positioniert sich das DIN zu Trump und Co?
taz: Herr Strunkel, wir haben mal nachgeschlagen im Netz: „Normung“, steht da, „bezeichnet die Formulierung, Herausgabe und Anwendung von Regeln, Leitlinien oder Merkmalen durch eine anerkannte Organisation und deren Normungsgremien. Sie sollen auf den gesicherten Ergebnissen von Wissenschaft, Technik und Erfahrung basieren und auf die Förderung optimaler Vorteile für die Gesellschaft abzielen. Die Festlegungen werden im Konsens erstellt und von einer anerkannten Institution angenommen.“
Klaus-Henning Strunkel:
Darf ich Sie gleich mal unterbrechen?
Bitte.
Danke. Also, diese „anerkannte Organisation und deren Normungsgremien“, das sind ja in Gesamtdeutschland einzig wir, hier mitten in Berlin, wir, das DIN! Und wir sind viel mehr als DIN A4, das wissen die meisten Menschen ja gar nicht, das geht bis DIN A0 und weit darüber hinaus! In unserem eingetragenen, privatwirtschaftlich organisierten Verein werden unsere globalen Normungsaktivitäten von Deutschland als einzige nationale Normungsorganisation unterstützt. Verstehen Sie?
Ich glaube schon, aber warum ist Ihr Verein eigentlich privat und keine Bundesbehörde?
Gute Frage! Nächste Frage, bitte. Oder halt, da sind wir doch schon in medias res, also, jetzt stellen Sie sich mal vor, das DIN wäre eine normierte Bundesbehörde und Donald Trump kommt über Überhangmandate am 23. Februar an die Macht in der BRD …
Richtig, so ein Szenario hatte ich auch schon irgendwo auf Instagram gelesen. Halten Sie es für realistisch?
Normativ gesehen nein, statistisch ja. Menschlich auch. Das DIN, wie wir es jetzt kennen und lieben, wäre dann mit einem Schmetterlingsflügelschlag weg vom Fenster! Machen wir uns nichts vor, denn wir vom DIN rechnen hier stets mit allem hoch sowie runter. Menschlich Abnormes und Fehlerhaftes fließt in all unsere Normierungsverfahren und DIN-Prüfungen mit ein. Wir kennen doch unsere Pappenheimer, ob an der Supermarktkasse oder an der Wahlurne (lächelt). Dummheit stirbt nicht aus: diese Einsicht ist übrigens auch als DIN EN ISO 10075 exakt so hinterlegt worden von meinen geschätzten Kolleginnen und Kollegen.
Und wie geht es jetzt in dieser wieder mal stark veränderten Welt- und Kassensturzlage für Sie und Ihr Team als DIN weiter, Herr Strunkel?
Lassen Sie mich Ihnen ein aktuelles Beispiel aus meiner Arbeit berichten. Ich sitze also gestern an meinem nach DIN EN ISO/IEC 14017 perfekt ergonomisch normierten Schreibtisch im Büro unseres allen DIN-Standards entsprechenden Hauses nicht weit vom Berliner Zoo, und was passiert?
Was denn?
Es klingelt, meine Sekretärin, Frau Wallschöbel, stellt die Verbindung her. Sie ist übrigens eine perfekte Sekretärin, jenseits jeglicher normierter Standards.
Also, es klingelte. Wer war denn dran?
Ich mache es kurz: Elon Musk.
Ach, der schon wieder, wollte er mit Ihnen ins Gespräch kommen? Oder wollte er einen Meinungsbeitrag auf Ihrer DIN-Plattform unterbringen?
Nichts davon, Herr Musk hat mir und dem DIN gedroht.
Welchen Inhalts war seine Drohung?
Herr Musk sagte wörtlich durch den Hörer: „Wenn noch eine einzige effiziente deutsche DIN-Norm über den Großen Teich zu mir und meinem Buddy Vivek Ramaswamy in unsere neue effiziente DOGE-Regierungsbehörde hineinschwappt, lassen wir Deutschland dichtmachen!
Und, was haben Sie geantwortet?
„Da machen wir nicht mit!“ Das DIN lässt sich weder über den Großen Teich noch über den Tisch ziehen.
Klaus-Henning Strunkel, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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