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Wenn die Freude über die Einbürgerung getrübt ist

Vor dem Rathaus in Oldenburg sehe ich am Fahrradständer einen Mann mit Mütze, der ein Blatt aus einer Mappe holt und es auf den Gepäckträger seines Fahrrads legt, um es zu fotografieren. Ich schiele darauf: „Einbürgerungsurkunde“, darüber der Bundesadler.

Ich spreche ihn an: „Sind Sie eingebürgert worden?“ Ja, sagt er, und lächelt. „Darf ich gratulieren? Freuen Sie sich darüber?“ Ja, antwortet er, seit acht Jahren lebe er in Deutschland und „endlich“ habe er die Urkunde. Woher er gekommen sei? Aus Syrien. Oh, Syrien, da ist viel in Bewegung geraten! Ja, sagt er und lächelt. Er freut sich, dass Assad weg ist. Aber er lebt jetzt hier, arbeitet hier, fühlt sich wohl.

Oldenburg

175.000 Ein­wohner:innen, beschauliche Stadt im Nordwesten, nah zu Nordsee und Nieder­landen; ungefähr 50.000 Menschen haben eine Migrations­geschichte.

Ich will seine Freude nicht trüben, muss aber nach Merz fragen, nach dessen herz- und kopflos harter Linie gegen Migranten. Der will Doppelstaatlern die deutsche Staatsangehörigkeit entziehen, wenn sie straffällig werden. Der Mann weiß das. Er fragt, wie sicher seine Einbürgerung sei. Er ist Deutscher, bleibt aber auch Syrer. Die syrische Staatsbürgerschaft kann er nicht ablegen. Er fühle sich beobachtet von den Deutschen. Wie auf Bewährung. Nach acht Jahren. Felix Zimmermann

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