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Archiv-Artikel

Samariter bleiben bis zum Schluss dabei

KONKURRENZ Der Arbeiter-Samariter-Bund bietet neben der Altenpflege auch Beerdigungen an. Der Hamburger Bestatterverband spricht von Wettbewerbsverzerrung, weil der Verein in der Pflege tätig ist

„Das finde ich wirklich grenzwertig, eigentlich sogar abartig“

FRANK KUHLMANN, BESTATTERVERBAND

Der Arbeiter-Samariter-Bund kümmert sich seit 103 Jahren um die Schwachen der Gesellschaft. Seit 2006 geht es nicht mehr nur um die Schwachen, sondern auch um die Toten. Der Hamburger ASB ist in das Bestattungswesen eingestiegen. Dafür hat der gemeinnützige Verein eigens eine GmbH gegründet, die – vom Verein wirtschaftlich unabhängig – gewerblich aktiv ist.

Es gehe darum, das Angebot komplett zu machen und den Menschen „auch in dieser schwierigen Lebenssituation beizustehen“, sagt Remmer Koch, Pressesprecher des ASB. Um Profit gehe es dabei nicht. Die ASB Hamburg Service GmbH, so der Name des Gewerbes, sei ein „Plus/minus-Null-Geschäft“. Von den Spenden an den Verein profitiere das Bestattungsinstitut nicht. Bilanzen kann der ASB, der auf seiner Webseite mit Transparenz wirbt, jedoch nicht herausgeben. „Mit Bestattungen verdient man heute kein Geld mehr, da können Sie auch andere Bestattungsinstitute fragen“, sagt Remmer Koch.

Frank Kuhlmann, der Zweite Vorsitzende des Bestatterverbandes Hamburg, gibt zu, dass die Gewinnmargen in den letzten Jahren zurückgegangen seien. Zumindest bei den Mitgliedern der Innung. Der ASB gehört nicht dazu. Der ASB habe ohnehin eine Sonderstellung, so Kuhlmann. Denn der alteingesessene Verein ist ein großer Player im Geschäft mit der Altenpflege. „Da jetzt auch noch Bestattungen anzubieten, das finde ich wirklich grenzwertig, eigentlich sogar abartig“, so Kuhlmann. Der ASB verschaffe sich so einen Wettbewerbsvorteil.

Remmer Koch weist die Vorwürfe des Bestatterverbandes als absurd zurück. „Was ist denn ethisch fragwürdig? Den Trauernden zu sagen ‚Hier haben sie einen Katalog, jetzt machen sie mal‘ – oder auf die Menschen einzugehen?“ Der ASB wirbt in Senioren-Heimen für die Bestattungen. Auch in der Mitgliederbroschüre ist regelmäßig von dem Service die Rede. Koch wiederholt seinen Standpunkt wie ein Mantra – und verfehlt dabei das Thema: „Ich finde es nicht ethisch verwerflich, Menschen bei ihrer Trauer zur Seite zu stehen.“

Jährlich sterben in Hamburg rund 17.000 Menschen. Der ASB bringt es auf 100 Bestattungen im Jahr. Laut Bestatterverband ist das die Mindestgrenze, um überhaupt zu bestehen. Es gibt rund 140 Bestattungsunternehmen in Hamburg. Eine konventionelle Beerdigung kostet ab 2.700 Euro plus Friedhofsgebühren.

Der Caritasverband Hamburg, der katholische Verein mit dem christlichen Auftrag zur Nächstenliebe, hat auch schon mit dem Bestattungsgeschäft geliebäugelt. Dann habe man sich aber „auch aus ethischen Gründen“ dagegen entschieden, sagt Pressesprecher Timo Spievak. Es sei ein schwieriges Thema.

Horst Oldag, Mitglied im Landes-Seniorenbeirat, ist ebenfalls skeptisch. „Die wollen doch eh alle nur Geld verdienen“, sagt der 80-Jährige. „Wenn der ASB das in Eigenregie durchführen will, dann soll er doch mit einem schon bestehendem Bestattungsunternehmen zusammenarbeiten.“ Ilse Soost, auch im Landes-Seniorenbeirat, ist selbst ASB-Mitglied. Sie habe durch die Werbung des Vereins schon von dem Service gehört und findet ihn ganz praktisch. „Aber eigentlich“, sagt sie, „kommt es mir gar nicht so drauf an, wer sich da am Ende drum kümmert.“TIMO ROBBEN