: Jetzt wird zurückgepinkelt
BRANDREDE Sven Regener sollte im Radio nur kurz etwas zum Thema Urheberrecht sagen. Doch dann wurde der Künstler wütend
Da hat der Bayerische Rundfunk mit seinem Radiomagazin „Zündstoff“ doch echt mal in ein Wespennest gestochen. „Mir steht’s bis hier!“, pöbelt der Musiker und Schriftsteller Sven Regener. Eigentlich wollte der Moderator von ihm nur eine kurze Stellungnahme zum Thema Urheberrecht. Kurz war aber nicht drin. Ganze fünf Minuten monologisiert er. Von so viel Redezeit können Politiker nur träumen. Es hat sich aber auch einiges angestaut bei dem Altrocker. Er fühlt sich „angepinkelt“, also hat er die Gunst der Stunde einfach genutzt, um mal eine Runde zurückzupinkeln.
Dass milliardenschwere Konzerne wie Youtube nicht bereit seien, den Künstlern für die Inhalte, die sie verwenden, etwas zu bezahlen, bringt ihn aus der Fassung. „Wir sind die Penner in der letzten Reihe! Das ist kein Geschäftsmodell, wenn einer nichts bekommt. Das ist kein Geschäft, das ist Scheiße!“ Richtig wütend machen ihn die Hilfstruppen, „die ganzen Deppen“, die sich beschweren, dass man einige Videos auf Youtube nicht ansehen kann. Seine Lösung: „Dann guck’s halt woanders!“
Überhaupt sei das alles eine Unverschämtheit. Youtube wäre viel stärker als die Plattenfirmen, die in den letzten Jahren sowieso viele Einbußen hinnehmen mussten. Plattenfirmen zu sagen, dass sie Scheiße seien, weil sie die Werke ihrer Künstler schützen, sei dreist. Regener sieht keine rosige Zukunft, denn die Indie-Labels seien schon tot und am Ende bleibe nur noch Platz für Volksmusik, deutschen Schlager und Rockmusik für Ältere.
Ihn regt das auf, für Indie-Rocker sei es aber „uncool“, sich für das Urheberrecht starkzumachen. Deswegen würden alle einfach nur die Füße still und die Schnauze geschlossen halten.
Die herrschende Einstellung „Musiker sind sowieso alles Nutten, wenn sie’s für Geld machen“, bringt den Rocker in Rage. „Es wird so getan, als wenn wir Kunst machen würden als exzentrisches Hobby!“, empört er sich. Dabei würden die Musiker ja „jede Mark selbst verdienen“. Bezahlen sei nötig, alles andere sieht er als Subventionstheater und Straßenmusik. Sven Regener will aber kein Straßenmusiker sein. Eine Gesellschaft, die so mit ihren Künstlern umgehe, sei nichts wert. Es sei eine Frage des Respekts und des Anstands, für Werke zu bezahlen. „So wie es eine Frage des Anstands ist, im Supermarkt nichts zu klauen, selbst wenn man wüsste, dass man nicht erwischt werden würde.“
Junge Leute sollten sich seiner Meinung nach gut überlegen, ob sie sich mit der Einstellung gegen das Urheberrecht wirklich zum Lobbyisten von Konzernen wie Youtube machen wollen. Wem es nicht passt, dass für Musik bezahlt werden muss, der könne sich seine Lieder ja von Kim Schmitz vorsingen lassen – dem Firmengründer von Megaupload, der wegen millionenfacher Filmpiraterie in juristischen Schwierigkeiten ist.
Weil Regener so in Fahrt war, hat die Piratenpartei auch gleich was abbekommen. Die Verlogenheit der Partei kotze ihn an. Einer der Piraten hätte eine Firma, die Apps für das iPhone herstellt. „Ein geschlossenes System, mit hundert Prozent Copyright, Anwälten und allem Drum und Dran“. Ausgerechnet der hätte gerne „hier alles schön frei“. „Es ist ein reines Banausentum, und das finde ich höchstgradig unangenehm!“ Dann holte Sven Regener mal wieder Luft.
Der Moderator ging auf diesem Parforceritt irgendwann verloren. Einmal – mittendrin – säuselte der Radiomann watteweich noch in des Monologisierers Wutwelt hinein: „Das ist ja eine ganz schön dezidierte Meinung, Herr Regener.“ Dann war er weg. SASKIA HÖDL