Aus Geldmangel geschlossen

Mit Fusionsplänen reagieren Bremens Kirchengemeinden auf den Beschluss der Evangelischen Landeskirche, ihnen bis 2008 rund ein Viertel ihrer Mittel zu streichen

„Sie würde sich hervorragend als Bürgerzentrum eignen.“ Pastor Ronald Ilenborg meint seine Kirche in Tenever. Ein moderner 70er Jahre Bau, roter Backstein, Flachdach. Aber welchem Zweck kann eine Kirche dienen, wenn nicht dem Gottesdienst? Ilenborg zuckt mit den Schultern: „Ich habe keine Ahnung.“ Dennoch überlegt er, seine Kirche zu schließen – „zumindest langfristig“.

Der Grund: Ein Beschluss des evangelischen Kirchentags in Bremen vom vergangenen November. Er zwingt alle 68 Kirchengemeinden in der Stadt, durchschnittlich ein Viertel ihres Etats einzusparen. 2009 läuft die Schonfrist aus.

Die Gemeinde von Ronald Ilenborg wird bis dahin schon mit ihren Nachbarinnen in Blockdiek und im Ellener Brok fusioniert sein. Die drei kleinen Pfarrbezirke müssten „erheblich mehr“ als nur ein Viertel ihrer Personalkosten einsparen, betont Ilenborg. Mehrere Pfarrstellen stehen zur Disposition, die Jugendarbeit findet zukünftig nur noch in einer der drei Gemeinden statt. „Details stehen aber noch nicht fest“. Kirchenmusiker, Küster und Sekretariat will Ilenborg verschonen: „Hier sind nach menschlichem Ermessen keine weiteren Einsparungen mehr möglich.“

Die evangelischen Kirchengemeinden Bremens reagieren auf die Sparbeschlüsse mit einer großen Fusionswelle. Auch der Zusammenschluss der Gemeinden in Oslebshausen und Gröpelingen etwa ist „schon in vollem Gange“, sagt Erika Finke, Kirchenvorstand aus Gröpelingen. Spätestens 2007 fällt eine der beiden Pfarrstellen weg – wenn Pastor Ernst Sauter (61) in den Ruhestand geht. Ob die Sparquote damit allein schon erfüllt wird, ist „unklar“, so Finke. Entlassungen, so heißt es, sollten vermieden werden, doch auf die Küster kommt mehr Arbeit zu, Buchhaltung und Sekretariat müssen mit weniger Stunden auskommen. Auch Angebote für Jugendliche wie Gitarrespielen, Segeln und Kanufahren sollen nicht gestrichen werden, betont Finke. Ehrenamtliche sollen den Betrieb aufrecht erhalten. Ihr Engagement sei „phänomenal“, schwärmt Finke.

Auch Klaus Hamscher, Vorstand der Gemeindevertretung St. Georg in Huchting, setzt auf mehr ehrenamtliche Arbeit. Zwar diskutiert man die Fusion mit den Nachbargemeinden St. Lukas und Dietrich Bonhoeffer, vorerst bleibt es aber bei einer vorsichtigen „Kooperations-Absichtserklärung“. Die bislang autonomen Gemeinden müssten sich erst einmal beschnuppern, sagt Hamscher, ehe mehr Zusammenarbeit möglich sei. Pfingsten unternahm man einen ersten Anlauf – die drei Gemeinden hielten einen gemeinsamen Gottesdienst ab. Schon jetzt predigen die drei Huchtinger Pastoren auch jenseits ihrer eigenen Gemeindegrenzen. Macht der Kanzeltausch Schule, könnte auch hier ein Kirchenstandort vor dem Aus stehen.

Jan Zier