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berliner szenenHinterm eigenen Schatten her

Über den weichen gelben Boden des Raums, den wir „Kondi-Raum“ nennen, weil dort meistens Konditionstrainings stattfinden, gleiten unsere Schatten, undeutlich, ineinanderfließend. Die Schatten der Kick­bo­xe­r*in­nen lassen ahnen, dass eine schwache Wintersonne draußen scheint. Die Schattenbilder sind ebenfalls schwach und wirken wie Schatten von Schatten – etwas, das man nur erahnen kann, ohne sich sicher zu sein.

Besonders lustig finde ich die Schatten des Schattenboxens. Ich schaue aus dem Fenster: Ja, die Sonne ist da, der Himmel wird plötzlich klar und blau. Bei diesem Wetter sehne ich mich, nach dem Training am Hermannplatz einen Espresso zu trinken. Dort, wo ich laut rufen muss, um ihn zu bekommen, weil die Kaffeeverkäuferin die Lautstärke ihrer Lieder nicht leiser stellen möchte. Und später werde ich am Teich in der Hasenheide mit Nüssen in der Hand auf die Eichhörnchen warten.

Die Trainerin erinnert uns in diesem Moment daran, uns auf das Training zu konzentrieren und alles, was nicht dazugehört, auszublenden. Jedes Mal, wenn ich merke, dass meine Gedanken abschweifen, versuche ich, mit dem Kopf wieder dorthin zurückzukehren, wo ich tatsächlich bin. Deshalb fixiere ich immer wieder die Schatten, die sich am selben Ort wie ich befinden. So sehr konzentriere ich mich darauf, dass ich vergesse, dass mit gerissenen Kreuzbändern nicht alle Bewegungen schmerzfrei sind. Das merke ich zum Beispiel beim Wechselspringen oder Sprinten, während im Hintergrund eine CD mit dem Titel „Ibiza 2008“ läuft. Mein Körper erlebt einen kurzen Schmerzschock. „Aua!“, rutscht es mir aus. „Alles gut?“, fragt die Trainerin. „Alles perfekt“, antworte ich und versuche, die Schatten auf dem Boden wiederzufinden.

Luciana Ferrando

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