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Wie die Geno die Zeitung emanzipierte

Die Genossenschaftsform hat der taz die Möglichkeit gegeben, sich als eigenständiges und stets nach neuen Wegen suchendes Medienunternehmen zu etablieren

Von Aline Lüllmann und Andreas Marggraf

Bei größeren Veränderungen im Leben wagen wir oft einen Rückblick und fragen uns, wie wir zu dem geworden sind, was wir heute sind. Welche großen Entscheidungen führten zu welchen Konsequenzen? Welche Menschen haben uns in welcher Weise geprägt? Welchen Einfluss hatten Zeit, Ort und politische Ereignisse auf unsere Entwicklung? Dieser Blick zurück ist nicht nur für Einzelpersonen aufschlussreich, sondern auch für Organisationen.

Die taz wurde 1978 als alternative, linke Tageszeitung gegründet, mit dem Ziel, eine Stimme für gesellschaftliche und politische Themen abseits des Mainstreams zu bieten. Sie strebte danach, sich von den etablierten großen Zeitungen abzuheben und eine Plattform für progressive, kritische und oft unbequeme Themen zu schaffen. Zentrale Werte der Zeitung waren Transparenz, Mitbestimmung und eine kritische Haltung gegenüber Machtstrukturen.

In den Jahren nach ihrer Gründung stand die taz jedoch vor finanziellen Problemen und der Frage, wie sie ihre Unabhängigkeit in einer zunehmend marktwirtschaftlich geprägten Medienlandschaft bewahren konnte. Ein entscheidender Schritt zur Lösung dieses Problems war die nicht unumstrittene Entscheidung, 1991 die taz Genossenschaft zu gründen. Diese Entscheidung war nicht nur finanzieller Natur, sondern auch ideologisch. Sie ermöglichte es der taz, den Einfluss von externen Kapitalgebern und möglichen Interessenkonflikten zu verhindern und stattdessen eine Struktur zu schaffen, in der Verantwortung und Entscheidungsgewalt weitgehend in den Händen der Beschäftigten und Le­se­r*in­nen der Zeitung lagen.

Wenn wir von der taz Genossenschaft sprechen, denken die meisten von uns an Konny Gellenbeck. Mit keiner anderen Person ist die die Entwicklung der Genossenschaft mehr verbunden. Die Gründungsentscheidung war nur der erste Schritt. Niemand hat mehr dafür gekämpft, dass dieser Weg ein Erfolg wird, und von Anfang an daran geglaubt, oder es zumindest nach außen so verkauft.

Die Unabhängigkeit durch die Genossenschaft hat es der taz ermöglicht, weiterhin kritisch und mit einer klaren Haltung zu politischen und gesellschaftlichen Themen zu berichten, ohne dass wirtschaftliche Zwänge oder Druck von außen ihre journalistische Arbeit beeinflussen.

Die taz ist eine le­se­r*in­nen­fi­nan­zier­te Zeitung und wird nicht wie manch andere Medien durch Subventionen durch das Betreiben von Jobportalen oder Immobilienbörsen finanziert. Lange war die taz finanziell nicht so aufgestellt, dass sie große Investitionen für die Zukunft machen konnte, hatte sie aber bitter nötig. Die Genossenschaftsform stellte für die taz die Basis dar, die es ermöglicht, Investitionen zu tätigen– etwa in ein neues Redaktionssystem oder in den Neubau in der Berliner Friedrichstraße. Konny Gellenbeck stand dafür immer im engem Austausch mit der Geschäftsführung und hat nicht nur beraten und mitentschieden, welche Wege vielversprechend sind und realisiert werden sollten. Ihr gelang es vor allem, die verschiedenen Gruppen innerhalb und außerhalb der taz hinter den gemeinsamen Zielen zu vereinen. Oft übersetzte sie die komplexen Anliegen des Hauses in verständliche Botschaften, um innerhalb der Genossenschaft Unterstützung und Kapital zu gewinnen. Das war nicht nur entscheidend für die finanzielle Absicherung, sondern auch für die Realisierung des Mitbestimmungsgedankens. Als Genossenschaft setzt die taz auf ein Mitbestimmungssystem, in dem alle Mitglieder – sowohl Mit­ar­bei­te­r*in­nen als auch die Ge­nos­s*in­nen aus der Le­se­r*in­nen­schaft – ein Mitspracherecht haben und so hinter einem gemeinsamen Ziel vereint werden können. Diese Partizipation stärkt das kollektive Verantwortungsgefühl und fördert den Zusammenhalt innerhalb der taz und von den Ge­nos­s*in­nen gegenüber der taz.

Die Entscheidung, die taz als Genossenschaft zu führen, war auch ein Bekenntnis zu einer anderen Art der Medienproduktion. Sie förderte ein Arbeitsumfeld, in dem journalistische Unabhängigkeit und solidarische Zusammenarbeit Hand in Hand gehen. Statt auf Profitmaximierung und Hierarchien setzt die taz auf flache Strukturen und eine Kultur der offenen Diskussion. Legenden zufolge waren diese Diskussionen früher noch viel hitziger, als sie es heute sind. Sie finden aber nicht alle hinter verschlossenen Türen statt, sondern auch im Blatt und tragen so zum Meinungspluralismus der taz bei.

Die Genossenschaftsform hat der taz die Möglichkeit gegeben, sich als eigenständiges und experimentierfreudiges Medienunternehmen zu etablieren, das stets nach neuen Wegen der Finanzierung des Journalismus sucht. Die Entscheidung zu einer solidarischen und freiwilligen Finanzierung durch taz zahl ich statt einer Paywall, die taz Panter Stiftung ebenso wie die transparente Berichterstattung über die eigenen wirtschaftlichen Entwicklungen und Zukunftspläne zeigen, wie die Genossenschaft der taz Beinfreiheit und Spielraum verschafft.

Und auch über die taz hinaus hat die taz Genossenschaft dazu beigetragen, den genossenschaftlichen Gedanken zu verbreiten, und hat dazu geführt, dass auch andere Medien und Organisation sich als Genossenschaft organisiert haben. Ohne Konny Gellenbeck hätte sich die taz Genossenschaft niemals so erfolgreich entwickelt. Und ohne die erfolgreiche Genossenschaft gäbe es die taz heute nicht mehr.

Aline Lüllmann und Andreas Marggraf sind Geschäftsführer der taz.

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