: Es braucht einen langen Atem
Förderung des Nachwuchses, der Vielfalt, osteuropäischer und international verfolgter Journalisten: Die Geschichte der taz Panter Stiftung
Von Gemma Teres Arilla
Ihnen einen guten Einstieg und leichtfüßiges Schreiten in den weitläufigen Fußstapfen der Vorgängerin!“ So schrieb mir eine der Unterstützer*nnen der taz Panter Stiftung, als ich Anfang 2024 meine Begrüßungsmail als neue Stiftungsleiterin verschickte. Das Stiftungsteam, zu Hause in der ersten Etage des taz Hauses in Bertlin, ist ein vergleichsweise kleines Team, vor allem im Verhältnis zur Größe der Arbeit und dem Umfang der Projekte, die seit 2008 durchgeführt werden. Dieses Jahr war nun das erste ohne Konny Gellenbeck, weder als Vorständin noch als Leiterin. Es war eine echte Herausforderung, die 7.500 Spender*innen davon zu überzeugen, dass die Stiftung auch ohne Konny weiterleben kann und wird. Sie ist von Anfang an und 16 Jahre lang das Gesicht der Stiftung gewesen, die Energie und auch das politische und journalistische Gefühl, die Fundraiserin, die Netzwerkerin und der Antriebsriemen für neue Ideen, denn all das erfordert so eine kleine Stiftung, die sich für kritischen Journalismus und Pressefreiheit in Deutschland und weltweit einsetzt. The one and only Konny Gellenbeck, das so zu formulieren, ist wirklich nicht übertrieben.
Alles begann Anfang September 2008. Da hatte Konny in vier Monaten knapp 900 Interessent*innen und 465 Gründungsstifter*innen gewonnen. Das war sehr gut, aber reichte noch nicht. „Wir wollen bis zum 13. September möglichst die 1 Million schaffen. Deshalb unsere Bitte: Geben Sie sich einen Ruck und machen Sie mit, jeder Euro zählt“, drängte Konny in einem Spendenaufruf. Und so ging die Stiftungsgründung in die Endphase. „Heute waren wir bei der Stiftungsaufsicht und haben das notwendige Formular zur Stiftungsgründung übergeben“, berichtete Konny in einer anderen Mail drei Wochen später. „Immer schön persönlich, immer klar und konkret bleiben“, das ist eines ihrer Prinzipien und Grundlage für das Erfolgsrezept, das man auf Nachfrage und eher nebenbei von ihr bekommen kann.
Für Konny war mit der Gründung klar, welche die erste Zielgruppe der Stiftung sein sollte: die Jugend. Nachwuchsförderung. Entsprechend war der erste Workshop der taz Panter Stiftung Mitte April 2009 einer mit 20 jungen Leuten. Obwohl die Stiftung noch extrem jung war, hatten sich dafür bereits 354 Jugendliche beworben. Ab da kamen regelmäßig hochmotivierte und engagierte Nachwuchsautor*innen im Rahmen von Kongressen und Workshops zusammen. Im Juni 2009 ging es, zum Beispiel, um die Weltfinanzkrise, die damals besonders auch Europa und die europäische Berichterstattung beschäftigte: „Alles Krise – und was jetzt?“
Schon damals zeigte sich, wie wichtig es für das Leben der Stiftung war:
a) auf die Nachrichtenlage zu reagieren – denn die Spender*innen sind zum größten Teil auch taz Leser*innen und Genoss*innen, die das politische Weltgeschehen verfolgen.
b) konstruktiv darauf blicken: „Wie geht es weiter? Welche Lösungsansätze gäbe es dann? Finden wir andere Perspektiven?“
Für die Stiftung selbst konnte im Sommer 2009 von Krise keine Rede sein, denn das Kapital-Ziel von einer Million war bereits erreicht – und zwar mit 1.899 Stifter*innen. Das ist ein ganz zentraler Punkt: Wie die taz, so gehört auch die Stiftung vielen, es ist keine Konzern- oder Milliardärsstiftung. Die Ziele sind öffentlich und gemeinsam – für eine demokratische und kritische Gesellschaft. Der Austausch ist intensiv und regelmäßig. Mindestens einmal im Monat – wenn nicht im zweiwöchigen Rhythmus – hörten Spender*innen und Interessent*innen all die Jahre von Konny. Das – Ideenaustausch und verlässlich Kommunikation – sei „das Erfolgsgeheimnis der Stiftung“, wie Konny mantramäßig zu sagen pflegt.
2011 wurde das Jahr der Internationalisierung der Stiftung. Belarus war das erste Land, auf das die taz Panter Stiftung für internationale Seminare geschaut hat. Heute ist die Osteuropa-Expertise, die Workshop nach Workshop über die taz Panter Stiftung in der taz gelandet ist, einer der größten publizistischen Schätze. Das gleiche gilt für Subsahara-Afrika.
Die erste Veranstaltung zu Weißrussland fand am 24. November 2011 statt, damals noch im tazcafé, in der Rudi-Dutschke-Str. 23, „Unter Druck: Presse(un)freiheit in Weißrussland“. Die bisher jüngste war im November 2024 in der taz Kantine. Den Veranstaltungsankündiger von 2011 hätten wir fast eins zu eins übernehmen können: „Seit den Präsidentschaftswahlen am 19. Dezember 2010 geht Weißrusslands autokratischer Herrscher Alexander Lukaschenko mit einer beispiellosen Repressionswelle gegen oppositionelle Kräfte vor. Wie arbeitet man unter solch erschwerten Bedingungen? Sechs junge Medienmacher aus der Hauptstadt Minsk und den Regionen, die an einem neuntägigen Journalistenseminar bei der taz in Berlin teilnehmen, berichten von ihren Alltagserfahrungen als Journalisten.“
Ist das nun deprimierend, wie mühsam Veränderung zum Besseren ist? Hier würde Konny sagen: „Es braucht immer einen langen Atem.“ So ist es, wir bleiben weiterhin dran.
15 Jahre hat Konny die Stiftung mit hartnäckigem, mutigem und kreativem Handeln vorangebracht. Die Stiftung und ihre Projekte sind stark geworden, sie sind wichtige Bestandteile für alle, die sich für die Demokratieförderung und Pressefreiheit engagieren. Dazu gehört für mich der taz Panter Preis, der zwar drei Jahre älter ist als die Stiftung, aber schnell zum Projekt der Stiftungsfamilie wurde. Ich meine auch das taz-Panter-Volontariat-Programm für Nachwuchsjournalist*innen mit anderen und diversen Biografien oder auch das Auszeitstipendium Refugium für verfolgte Journalist*innen, eine Zusammenarbeit zwischen taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen.
Dazu gehören auch die internationalen Workshops unter dem Motto „Austausch und Dialog über Grenzen hinweg“ – und ja, auch unter verfeindeten Staaten. Denn auch das ist Konny: Nie den Dialog abreißen lassen. Dieser Spirit lebt in den Projekten auch in Zukunft weiter und wird sie stark und wirkmächtig machen.
Ja, liebe Konny, Du hättest Dir sicher gewünscht, dass wir kein Aufsehen machen und nicht diese spezielle Konny-taz produzieren. Aber die über 400 Spendenaufrufe in 15 Jahren, die 181 Projekte, 15 Volontär*innen, 108 Veranstaltungen, 803 Sonderseiten, 18 taz Panter Preisverleihungen, 17 Refugium-Programme, 48 internationale Workshops, 607 NGO-Kontakte und 4.050 Nachwuchsjournalist*innen im In-und Ausland sind alle zu einem beträchtlichen Teil auf Dein Engagement zurückzuführen. Bitte verzeih uns das, aber das muss man auch mal laut und deutlich sagen. Das kleine Stiftungsteam bleibt dran, wir lassen uns weiter von Dir inspirieren und kommen deshalb hier noch mit dem Satz: „Wir freuen uns über jede kleine und große Spende: taz.de/spenden“ (Ja, den Spruch haben wir auch von Dir übernommen).
Und wir enden, natürlich, mit dem berühmtesten und schönsten aller Konny-Sätze: „Alles wird gut.“
Gemma Terés Arilla, Leitung und Vorstand der taz Panter Stiftung.
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