: Sieg für NRW-CDU
AUS DÜSSELDORF PASCAL BEUCKER
Bereits bei der Stimmabgabe in Pulheim-Sinthern zeigte sich der christdemokratische Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers bestens gelaunt: „Meine Stimmung ist wie das Wetter: sonnig.“
Kurz nach der Schließung der Wahllokale um 18 Uhr wusste er endgültig: Er hat allen Grund dazu. Denn nach der ersten Hochrechnung (ZDF) landete die CDU mit 44,7 Prozent deutlich über der Vierzig-Prozent-Marke und ist damit die große Gewinnerin der nordrhein-westfälischen Landtagswahl.
Das Wunder, auf das der bisherige sozialdemokratische Amtsinhaber Peer Steinbrück bis zuletzt unerschütterlich gehofft hatte, blieb aus. Die Hochrechnung sah die SPD nur bei 37,6 Prozent. Damit fuhr die NRW-SPD ihr schlechtestes Ergebnis seit 1954 ein. Nach 39 Jahren geht an Rhein und Ruhr eine Ära zu Ende: Der künftige Ministerpräsident wird kein Sozialdemokrat mehr sein.
Damit hat wohl ausgerechnet Jürgen Rüttgers geschafft, was vor ihm weder Heinrich Köppler noch Kurt Biedenkopf, weder Bernhard Worms noch Norbert Blüm und auch nicht Helmut Linssen gelungen ist. Sie alle scheiterten bei ihren Versuchen, als CDU-Spitzenkandidaten die SPD an Rhein und Ruhr vom Thron zu stoßen. Nun scheint die CDU den Machtwechsel geschafft zu haben – möglicherweise sogar mit absoluter Mehrheit der Sitze.
Denn sowohl die die FDP, ihr potenzieller Koalitionspartner, als auch die Grünen haben offenbar starke Stimmenverluste hinnehmen müssen und lagen nach der ersten Hochrechnung von Infratest dimap bei gerade 6 Prozent – und damit noch gefährlich nah an der Fünfprozenthürde. Die „Wahlalternative Arbeit & Soziale Gerechtigkeit“ (WASG) lag bei knapp 2 Prozent der Stimmen und hat damit offenbar zumindest einen kleinen Achtungsergebnis geschafft.
Im bevölkerungsreichsten Bundesland waren 13,3 Millionen Menschen zur Wahl aufgerufen. Die Abstimmung über die letzte rot-grüne Koalition auf Länderebene galt auch als wichtiger Stimmungstest für die Bundesregierung. Entsprechend war das Medieninteresse: 1.400 Journalisten aus aller Welt berichteten direkt von der wichtigsten Landtagswahl der letzten Jahre. Außerdem wollten rund 2.000 Gäste den mit Spannung erwarteten Ausgang der „kleinen Bundestagswahl“ live verfolgen.
Die CDU hatte für 1.000 Gäste zwei Großzelte in der Wasserstraße errichtet. Ausgelassen und grenzenlos feierten die Christdemokraten bei Lachs, „halver Hahn“, Frikadellen, Pils und Erdbeeren. Wegen des großen Andrangs hatte die CDU vorsorglich die Straße vor der Parteizentrale gesperrt. Bei den Sozialdemokraten herrschte auf ihre Wahlparty im „Apollo-Theater“ hingegen nur blankes Entsetzen.
Für den CDU-Kandidaten Rüttgers ging es auch persönlich um alles: Hätte er verloren, hätte der einstige „Zukunftsminister“ Helmut Kohls seine politische Zukunft endgültig hinter sich gehabt. Doch nun hat er sich als künftiger nordrhein-westfälischer Ministerpräsident und Chef des mitgliederstärksten Landesverbands in die Riege der wichtigsten und mächtigsten Herrscher der Union zurückgemeldet – wichtiger als der Niedersachse Christian Wulff und der Hesse Roland Koch, ebenso wichtig wie der Bayer Edmund Stoiber, fast so mächtig wie die Vorsitzende Angela Merkel.
Die lobte den siegreichen Kandidaten in den höchsten Tönen und bezeichnete den Erfolg ihrer Partei als „historischen Sieg“ und „sensationelles Ergebnis“. Das Ergebnis zeige, dass die Menschen Hoffnung in die CDU und den künftigen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers setzten, sagte Merkel. Die CDU konzentriere sich auf das, was die Menschen „wirklich wollen: Vorfahrt für Arbeit“. Die CDU werde nun gemeinsam mit der CSU daran arbeiten, dass sich „auch in der Bundesrepublik wieder eine vernünftige Politik“ durchsetze.
Die Wahlperiode des bisherigen Landtags endet am 2. Juni. Der neue tritt erstmals am 8. Juni zusammen, um sein Präsidium zu wählen. Am 22. Juni wird dann der neue Ministerpräsident gewählt. So lange noch bleibt Rot-Grün noch im Amt. (mit Agenturen)