„Es werden Köpfe ausgetauscht“

Der mögliche neue Infrastrukturminister der CDU, Oliver Wittke, über Sprachtests im Ruhrgebiet, rollende Köpfe und warum die Genossen das Revier gewannen

taz: In der CDU-Fraktion sitzen kaum Abgeordnete aus dem Ruhrgebiet – gerät die Region jetzt ins Abseits?

Oliver Wittke: Meine Partei wird nicht vergessen: Jeder fünfte CDU-Wähler kommt aus dem Ruhrgebiet. Wir haben einen maßgeblichen Beitrag zum Durchmarsch geleistet. Leider Gottes ist das Wahlrecht so gestrickt, dass hier übermäßig viele Direktkandidaten fürs Ruhrgebiet gewonnen wurden und unsere Landesliste nicht zieht.

Trotzdem: Wer hat Interesse an der Region? Die meisten CDUler kommen aus dem Rhein- und Münsterland.

Es geht nicht um Abgeordnete. Unser Regierungsprogramm trägt eine Revierhandschrift.

Was hat denn das Revier vom CDU-Sieg?

Wir kriegen eine Aufbruchstimmung, jetzt geht es nach vorne. Es kann nicht sein, dass wir hier die meisten Arbeitslosen haben, das wird sich ändern.

Das sind fromme Wünsche – was wird hier tatsächlich passieren?

Wir werden die Bezirksregierungen abschaffen, das Baurecht entrümpeln, den Unternehmen mehr Freiraum schaffen. Und Sprachkurse für Kinder verbindlich machen, die große Probleme damit haben – gerade im Ruhrgebiet ist das ernorm wichtig. Alle Vierjährigen werden dafür einen Test durchlaufen. Und der Regionalverband im Ruhrgebiet wird reformiert – dieser völlig undemokratische Vorstand hat viel zu viel Macht, die wir der Verbandsversammlung zurück geben müssen.

Was ist mit Ihrer Ankündigung, einen S-Bahn-Ring im Ruhrgebiet zu bauen?

Das hat Priorität, die Bürger müssen endlich vernünftig von A nach B kommen.

Wann fährt die S-Bahn?

Da kann ich nichts versprechen, bestimmt nicht in einem Jahr. Das hängt ja auch von den Bundesmitteln ab. Aber wir werden das anpacken.

Sie haben früher damit geworben, keine Rücksichten nehmen zu müssen wie die SPD. Wen werden sie vor den Kopf stoßen?

Lebenslänglich versorgte Regierungspräsidenten oder Leiter von Landesbehörden sind uns egal. Wir werden nicht irgendwelche Posten schieben, nur um Leute ruhig zu stellen. Wir wollen nur drei Regierungspräsidenten für drei Bezirksregierungen. Die Köpfe werden ausgetauscht – aber nicht roter Filz durch schwarzen ersetzt. Langfristig wollen wir 10.000 Stellen in den Landesbehörden abbauen.

Sie haben in ihrem Gelsenkirchener Wahlkreis die Kommunalwahl und jetzt auch die Landtagswahl verloren. Warum sollten Sie trotzdem Minister werden?

Über die Personalie entscheiden wir erst nach der Ernennung des Ministerpräsidenten am 22. Juni. Im Ruhrgebiet haben noch die alten Strukturen gezogen, die SPD hat eine starke Stammwählerschaft. Im übrigen bin ich auch in meinem Beruf als Landschaftsgeograph glücklich – das ist Strukturwandel live.

INTERVIEW: ANNIKA JOERES