piwik no script img

Nadine Conti ProvinzhauptstadtNicht beim Namen nennen!

Conti ist in Italien ein ziemlicher Allerweltsname, so etwas wie Meier oder Schmidt. In Hannover hat der einen etwas anderen Klang, weil man die Continental AG so abkürzt. Früher – als man noch Telefonbücher nutzte und die Telefonauskunft – landeten deshalb öfter interessante Dinge bei mir: Bewerbungen, vor allem, aber einmal auch Wiedereingliederungsunterlagen vom Arbeitsamt. Einmal rief ein Freilichtmuseum an, das auf der Suche nach historischen Treckerreifen war.

Ich habe mir diesen Namen ja durch Heirat erschlichen und dann einfach behalten. Mein Großvater, der 40 Jahre bei dieser anderen Conti gearbeitet hatte, war anfangs nur so semi-begeistert. Von Vorteil ist der Name aber, wenn man zum Beispiel bei der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie anrufen muss. Da werde ich immer gleich durchgestellt, egal, wen ich sprechen will.

Von der SPD-Ratsfraktion kann ich das im Moment nicht sagen. Auch meine letzten E-Mails wurden dort nicht beantwortet. Vielleicht sind sie im Spam gelandet, weil der Filter dachte, ich verkaufe Winterreifen. Vielleicht hat auch jemand gedacht: Ach, die blöde Nervensäge, das bringt doch eh nichts. Einerseits ist das natürlich verständlich: Als Kommunalpolitiker muss man mit seiner Zeit ja auch haushalten. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle einmal betonen, dass ich grundsätzlich einen hohen Respekt vor Menschen habe, die sich den Kram antun.

Foto: privat

Nadine Conti ist Nieder­sachsen­korrespondentin in Hannover – und darüber viel glücklicher, als sie es für möglich gehalten hätte

Schade ist dieses kleine Kommunikationsdefizit trotzdem, ich hätte da nämlich immer noch ein paar Fragen. In den Ausschusssitzungen, in denen es um die Kürzungen ging, die ich hier und dort mit Hingabe kritisiert habe, klang durch, dass sich die Mitglieder der Deutschlandkoalition aus SPD, CDU und FDP jetzt als Zielscheibe einer Social-Media-Hetzjagd empfinden, die sie völlig zu Unrecht in die rechte Ecke stellt.

Davon weiß ich natürlich nix, weil ich Social Media nur noch mit sehr spitzen Fingern anfasse. Aber so ganz unrecht haben sie vielleicht nicht: Es ist natürlich schon so, dass dieser Vorwurf oft benutzt wird, um eine ernsthafte Debatte überhaupt nicht mehr führen zu müssen. Ich würde den Mitgliedern dieser Fraktionen aber auch inhaltlich gar nicht unbedingt ein entsprechendes Weltbild unterstellen. Meine Befürchtung ist viel mehr: Der Wind weht jetzt von rechts. Und wer sein Fähnchen da reinhängt, der merkt vielleicht zu spät, was er da anrichtet.

Denn diese Anträge von AfD und Hannoveranern, die genau diese Kürzungen bei bestimmten Migrantenvereinen oder auch die Extremismusklausel schon viel früher gefordert haben, die habe ich ja nicht herbeihalluziniert – die stehen für jedermann sichtbar im Ratsinformationssystem. Und wenn man sich schon mit solchen Leuten Positionen teilt, dann sollte man das doch zumindest gut begründen können. Immerhin geht es hier nicht um die berüchtigte Brötchentaste für Kurzzeitparken, wo man vielleicht eher zufällig ähnliche Positionen vertritt, sondern um etwas, was den ideologischen Glutkern dieser Leute ausmacht: das Gehetze gegen die „Asylindustrie“ und linke Einrichtungen.

Wer sein Fähnchen in den Wind von rechts hängt, merkt vielleicht zu spät, was er da anrichtet

Die Begründungen von SPD, CDU und FDP fielen aber in meinen Augen ein bisschen dünn aus: Da wurden immer wieder der Einsparbedarf und die Mahnungen der Kommunalaufsicht erwähnt – nur um dann im nächsten Atemzug zu erklären, man habe in dem betreffenden Budget ja gar nicht insgesamt gespart, sondern die Summen eher hin- und hergeschoben. Das ist ja ihr gutes Recht, aber dann müsste man schon auch begründen, warum man den einen gibt und den anderen nimmt. Und eine klare Analyse, warum man mit der Arbeit von bestimmten Vereinen nicht zufrieden ist oder glaubt, dass sich die Bedarfe geändert haben, fehlte an vielen Stellen. Und auch der Umgang mit den Protestierenden wirkte nicht so richtig souverän. Aber gut, vielleicht ist man da jetzt auch ein bisschen dünnhäutig. Weil man den Kanal voll hat, sozusagen. Und das Postfach.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen