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Wenn man ohne Kinder Laterne läuft

Am Martinstag schließe ich mich dem Umzug entlang der kleinen Weser in Bremen an. Allein, die Kinder sind nicht mehr im Laternenalter. Ich bin es wieder, vor allem in diesen Tagen. Ich will Gemeinschaft, Freude, Lichter und natürlich singen.

Nur: Hier singt niemand! Ich schiebe mich an den Familien vorbei, in der Hoffnung weiter vorn auf Sangesbrüder und -schwestern zu treffen, aber es bleibt still. Können die 30- bis 40-Jährigen keine Laternelieder? Oder trauen sie sich nicht? Da fängt hinter mir jemand an „Ich geh mit meiner Laterne“ zu schmettern, eine ältere Frau mit hoher klarer Stimme, sie kann alle Strophen, wir singen gemeinsam. In einer Liedpause guckt sie in meine Laterne und kichert. „Sie haben ja auch eine echte Kerze!“

Bremen-­Neustadt

44.700 Ein­wohner*innen.

Der inklusive Martinsumzug in dem Stadtteil findet auf dem schmalen Deichweg statt, der in der Zeit für den Radverkehr gesperrt wird. Er endet am Teich Piepe mit Glühwein, Konzert und Fackeln.

Als sie sich um die Enkel kümmert, singe ich allein weiter, eine jüngere Frau stimmt mit ein, sie läuft mit ihrem Partner. „Sind Sie auch ohne Kind hier?“, frage ich fröhlich. „Ja, unser Sohn ist leider gestorben.“ Ich kämpfe mit den Tränen und bringe nur noch „Das tut mir sehr leid“ heraus. „Danke“, sagt sie. Die beiden gehen weiter, ihre selbstgebastelte Tierlaterne leuchtet ihnen den Weg. Eiken Bruhn

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