: Rüttgers will Ärmel aufkrempeln
Der Sieger von Nordrhein-Westfalen schweigt sich über sein Regierungsprogramm aus. Er setzt auf „mehr arbeiten“ und „Aufbruchstimmung“ nach dem schwarz-gelben Erfolg
KÖLN taz ■ Jürgen Rüttgers genoss seinen Auftritt in der Berliner CDU-Zentrale sichtlich. „Der Vorsitzende der Arbeiterpartei in Nordrhein-Westfalen bin ich“, verkündete der Wahlsieger und blickte stolz auf die starken CDU-Gewinne bei Arbeitern und Arbeitslosen.
Was diese und die anderen Menschen an Rhein und Ruhr allerdings nun von dem zukünftigen Ministerpräsidenten zu erwarten haben, blieb auch am Tag nach seinem großen Wahlsieg noch weitgehend im Nebel. Man dürfe nicht den Eindruck erwecken, dass „man alles könne, bloß weil man ein bestimmtes öffentliches Amt hat“, sagte Rüttgers. „Es wird nur gehen über Mehr-Arbeiten, über Ärmel-Aufkrempeln.“ Zudem zeigte er sich überzeugt, dass die anstehende Regierungsübernahme durch Schwarz-Gelb im Land „eine Aufbruchstimmung auslösen wird“.
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erreichte die Union 44,8 Prozent der Stimmen und kann sich mit einem Plus von 7,8 Prozentpunkten gegenüber der Wahl 2000 über ihr bestes Ergebnis seit 30 Jahren freuen. Die SPD verlor hingegen 5,7 Punkte und fiel auf 37,1 Prozent. Nur 1950 und 1954 kam sie auf noch schlechtere Ergebnisse.
Deutliche Verluste auch für die FDP: Sie landete nur noch bei 6,2 Prozent und büßte damit im Vergleich zu ihrem Jürgen Möllemann geschuldeten Sensationsergebnis von 9,8 Prozent von vor fünf Jahren mehr als ein Drittel ihrer Wähler ein. Federn lassen mussten auch die Grünen, die 0,9 Prozentpunkte verloren und ebenfalls bei 6,2 Prozent landeten. Ein kleiner Trost, dass sie nun wieder vor den Liberalen liegen, wenn auch nur mit 865 Stimmen Vorsprung.
Immerhin einen kleinen Achtungserfolg errang die erstmals bei einer Landtagswahl angetretene „Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative“ (WASG). Die von enttäuschten SPD-Mitgliedern und Gewerkschaftern gegründete Linkspartei schaffte 2,2 Prozent und hängte damit die PDS locker ab, die gerade 0,9 Prozent, 0,2 Punkte weniger als im Jahr 2000, einfuhr. Unter 1 Prozent landeten auch die rechtsextremen Parteien NPD (0,9) und „Republikaner“ (0,8). Die Wahlbeteiligung lag insgesamt bei 63 Prozent, deutlich über jenen 56,7 Prozent aus dem Jahr 2000.
Im neuen Landtag werden die CDU mit 89 Sitzen, die SPD mit 74 sowie Grüne und FDP mit jeweils 12 Sitzen vertreten sein. Damit verfügt Schwarz-Gelb über eine komfortable Mehrheit von 15 Mandaten. Die Koalitionsverhandlungen könnten schon an diesem Freitag beginnen, kündigte gestern NRW-FDP-Generalsekretär Christian Lindner an. Für den 8. Juni ist die konstituierende Sitzung des neuen Landtags angesetzt. Die Wahl des neuen Ministerpräsidenten soll am 22. Juni, spätestens am 29. Juni folgen. Am 31. August, dem Tag der ersten Sitzung des Landtags nach der Sommerpause, wird Rüttgers seine Einstands-Regierungserklärung halten. Spätestens dann wird er endgültig Farbe bekennen müssen.
PASCAL BEUCKER