: Des Osterhasen Burnout
Die meisten meinen unbedacht, dass unser Osterhase lacht, weil ihm die Arbeit Freude macht. Die Wahrheit ist jedoch wie immer ernüchternder und noch viel schlimmer.
Nichts könnt der Has sich besser denken, als dass ihm andre etwas schenken. Sein Los auf Erden ist hingegen, für alle Eier auszulegen. Das ganze Jahr wird ihm versaut, der Stress hängt ihm in Haar und Haut. Rein faktisch fühlt er niemals Ruh. Herr Hase fragt: Warum? Wozu?
Des Übels Grund ist seine Psyche – auf Hasendeutsch: die Seelenküche. Die Angst vor dem, was ihm schon schwant, die Art und Weise, wie er plant, das Unvermögen, durchzuführen, was er zuvor und unter Schwüren, Elan und Energie beschloss’ Herr Hase ist sein eigener Boss, doch was ihm abgeht, ist vollstrecken und nicht nur Pläne auszuhecken.
Dem Hasen ist es nicht gegeben, das Leben wirklich auszuleben: Was andre spielend schnell verrichten und so den Wald der Pflichten lichten, zieht er nur künstlich in die Länge; er suhlt sich fast im Sumpf der Zwänge.
Dem Hasen selbst bleibt’s rätselhaft, wie er es trotzdem immer schafft, dass Ostern da doch Eier liegen – wenn auch auf Brechen und auf Biegen.Ist dann das letzte Ei gebracht, kann’s schon passieren, dass er lacht, weil er für Tage nun vergisst, was für ihn Joch und Folter ist.
In diesen Tagen sehn wir ihn, beschwingt durch die Gemeinde ziehn, gefüllt mit Stolz und Knickebein, lässt er dann Ostern Ostern sein. Die Trübsal ist wie weggeblasen, nun glaubt er selbst an sich als Hasen.
Andreas Greve