: Kein Geld für Problemkinder
Essens einzige Anlaufstelle für drogensüchtige Jugendliche kriegt kein Fördergeld mehr und schließt. „Die ganze Region setzt falsche Prioritäten“, kritisieren Sozialverbände
ESSEN taz ■ Von nächster Woche an bleiben die Türen vom Essener Café Basis geschlossen. Für immer. Mehr als tausend drogensüchtige Jugendliche gingen hier jedes Jahr aus und ein, wuschen sich und ihre Wäsche, aßen, spielten Kicker. Irgendwann habe fast jeder Kontakt mit den SozialarbeiterInnen gesucht und sich beraten lassen, sagt Leiterin Birgit Pannenbecker. Fast alle misstrauten „den Behörden“, hätten schlechte Erfahrungen gemacht. „Für sie sind wir die letzte Station vor Obdachlosigkeit, Prostitution und Beschaffungskriminalität“, sagt Pannenbecker. „Fällt die weg, kostet das auch für die Allgemeinheit.“
1,75 Euro pro Tag und Kopf reiche, um den Betroffenen zu helfen. Offenbar zu viel für die Stadt Essen. Die Verwaltung will den Drogenberatern kein Geld mehr für die offene Arbeit zugestehen. Und nicht nur ihnen: Auch die Jugendhilfen der Arbeiterwohlfahrt, des Sozialdienstes katholischer Frauen und mehrere Kirchengemeinden haben Absagen von der Stadt bekommen.
„Zur Zeit sparen wir an unseren Gehältern, damit wir unser Angebot aufrecht erhalten können“, sagt Hans Peter Metten vom Kinderschutzbund. „Früher oder später müssen wir präventive Angebote einstellen.“
Dabei hat sich das Essener Jugendamt eigentlich „Prävention“ auf die Fahnen geschrieben, erst unlängst ein soziales Frühwarnsystem für junge Familien eingerichtet (taz berichtete). „Für Jugendhilfe ist angeblich immer kein Geld da“, sagt Friedhelm Güthoff, Landesgeschäftsführer des Kinderschutzbundes NRW. „Das kriegen Sozialverbände in allen Kommunen der Region zu hören.“ Die Arbeit mit Kindern werde als zunehmend als Sparpotenzial gesehen. „Das Argument, dass die Kommunen pleite sind, kann nicht immer für alles herhalten“, sagt Güthoff. „Man kann auch die Prioritäten anders setzen. Langfristig würde das sogar öffentliches Geld sparen, das sonst in Gefängnisse oder Therapieplätze fließt.“
Über Spenden können sich zur Zeit nur wenige Wohlfahrtsverbände finanzieren. „Die Spendenbereitschaft der Menschen ist zur Zeit niedrig“, so Güthoff. „Da sind im Land NRW Millionen weggebrochen.“ Auch das Land hat Förderungen fast eingestellt. Gülthoff hat deshalb den neuen Regierungschef Rüttgers um ein Gespräch gebeten. „Vielleicht werden die Weichen ja neu gestellt.“ MIRIAM BUNJES