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Armer Poet auf Reisen

Nachrichten aus dem fernen Land der Dichter

Rotenfoto: reuters

Noch hat die Buchmesse in Frankfurt nicht begonnen, da erreichen uns auf krummen Wegen bereits Nachrichten von Schriftstellern, die sich aus dem Ehrengastland Italien aufgemacht haben, das größte Alkoholikertreffen der Welt, wie die Messe insgeheim in Literatenkreisen auch genannt wird, mit ihrer persönlichen Anwesenheit zu beehren.

So hatte sich der in Ehren ergraute Poet Leo Luca Losa aus dem toskanischen Dorf Pitigliano ein Leben lang gewünscht, einmal den fernen Heimatort seines großen Vorbilds Johann Wolfgang von Goethe zu besuchen – und was läge da näher, es in dem Jahr zu tun, in dem das kulturelle Italien eben dort den Hauptdarsteller gab. Also packte Losa ein kleines Bündel mit seinem schmalen dichterischen Gesamtwerk, putzte seine mit dicken Glasbausteinen versehene Gewaltbrille und marschierte los.

Allerdings kam er nicht weit. Denn schon wenige Meter von seinem Haus entfernt, grüßte ihn der Wirt seines Stammcafés und lud ihn zu einem Abschiedstrunk ein, nachdem er erfahren hatte, wohin es den Poeten trieb. Fünf Rote später wollte Leo Luca Losa dann doch endlich weiter, trat in der prallen Mittagssonne vor die Tür und wurde beinahe von einer rasenden Vespa erfasst. Der Schreck aber warf ihn zu Boden, und er brach sich den rechten Arm.

Nein, beschied ihm der herbeigerufene Dottore Santini, so könne der Herr Poet nicht reisen, zumal es auch seinen Signierarm erwischt habe. Er werde in nächster Zeit Lesern keine Widmungen in seine Bücher hineinschreiben können, der Zug sei abgefahren, erklärte der Dottore.

Und so kam es, dass der als Geheimtipp der Buchmesse gehandelte ehrenwerte Poeta doctus Leo Luca Losa die Tage des Frankfurter Literatentreffs in seinem Heimatcafé verbrachte und daselbst das eine oder andere Freigetränk verköstigte, was ihm als Ausgleich für die ausgefallene Reise herzlich kredenzt wurde. Ganz im Sinne seines Heroen Goethe feilte er bis in die Abendstunden an einem Vers, um den Meister und sein Werk wenigstens aus der Ferne zu ehren: „Wer reimet so spät durch Nacht und Wind, es ist wohl der Losa, lyrisch gesinnt.“

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