herzensort
: Mit Kaffee und Kuchen in die 50er

Immer wieder kommt es vor, dass die Bahn mich im Stich lässt. Immer wieder bin ich da gerade auf dem Weg in die Alpen. Aber es macht mir nichts mehr aus, seitdem ich eine Entdeckung gemacht habe. Vor etwa zwei Jahren wanderte ich mal wieder wie ein ausgesetztes Haustier durch die Straßen rund um den Münchner Hauptbahnhof. Zwei Stunden hatte ich totzuschlagen. Es hungerte und dürstete mich, der Rucksack wog schwer. Da hielt ich abrupt vor einem Schaufenster. In goldenen Lettern stand da auf der Scheibe Café Kosmos. Es zog mich sofort hinein in einen kleinen Raum mit Tresen. Es gab genau einen Kuchen, Mohnkuchen, ich konnte mein Glück kaum fassen. „Und einen Cappuccino, bitte.“ Dann galt es mit dem Rucksack auf dem Rücken, das ovale Silbertablett mit Kaffeetasse und einem Glas Wasser in der einen und dem Kuchenteller in der anderen Hand eine steile, enge Wendeltreppe hochzubalancieren. Das Manöver wurde belohnt, mit einer Reise in die 50er: Küchenbuffets, Nierentische, Cocktailsessel und ein ­Gastgarten im Hinterhof. Beinahe hätte ich meinen Anschlusszug verpasst. Nora Belghaus