: Der Alte und sein Lieblingsrennen
Erste Woche der spanischen Radrundfahrt Vuelta: Primoz Roglic scheint noch einmal auf
Aus Spanien Tom Mustroph
Dreimal hat Primoz Roglic die Spanienrundfahrt bisher gewonnen, 38-mal trug er das Führungstrikot. Und auch bei dieser Ausgabe der Rundfahrt setzte sich der Slowene auf der ersten Bergetappe erneut an die Spitze. „Ich weiß auch nicht, warum das so ist, aber die Vuelta liegt mir einfach“, flachste er vor dem Start. In der Tat scheint es eine besondere Beziehung zu sein. Denn der Sieg des Kapitäns von Red Bull-Bora-hansgrohe verdankte sich nicht nur der eigenen Stärke. Die brauchte es natürlich, um auf der bis zu 20 Prozent steilen Rampe vom Pico Villuercas überhaupt mit vorn zu sein. Der Slowene profitierte aber auch vom Belgier Lennert van Eetvelt, der ein paar Meter vor dem Zielstrich im Glauben, gewonnen zu haben schon einen Arm jubelnd hochriss. Dann schnellte aber noch Roglic vorbei. „Ein Anfängerfehler, ich ärgere mich auch darüber. Aber ich habe Roglic nicht kommen hören“, kommentierte der Belgier das Geschehen.
Roglic indes kann konstatieren, dass bei diesem Rennen das Glück auf seiner Seite ist. Das ist das starke Kontrastbild zur eminent unglücklichen Beziehung des Slowenen mit der Tour de France. Dort schied er in diesem Jahr früh aus wegen eines Sturzes. Auch 2021 und 2022 war das der Fall. 2020 schnappte ihm am vorletzten Tag Tadej Pogačar den Gesamtsieg weg. 2018 verdrängte ihn im Zeitfahren am vorletzten Tag Chris Froome vom Podium. Umso glücklicher ist Roglic jetzt, dass die Form nach dem Tour-Aus stimmt.
So ganz lassen sich Roglics Ambitionen und realistischen Erwartungen an sich selbst bei dieser Vuelta nicht einschätzen. Aufgrund der Sturzverletzungen bei der Tour ist er verbal nur bedingt optimistisch. „Ich hoffe, dass die Schmerzen im Verlauf der Rundfahrt weniger werden und die Form am Ende besser wird“, sagte er. Andererseits ließ er auf der 4. Etappe, der ersten Bergetappe dieser Rundfahrt, sein Team Tempo bolzen, als wolle er seine Rivalen zermalmen. Auf dem Gipfel wurde es dann aber knapp. Und Roglic gab zu Protokoll, dass es ihm ursprünglich gar nicht um den Etappensieg gegangen sei. „Das war nicht unser Hauptziel. Aber wenn man seine Jungs in der Hitze so hart arbeiten sieht, dann ist man froh, wenn man das vollenden kann“, meinte er.
Mit Glück und Können hat der 34-Jährige also die Teilpläne übererfüllt. Als besonders wertvoll durfte er verbuchen, dass sein mutmaßlicher Hauptrivale Sepp Kuss aus Colorado 28 Sekunden verlor und dass auch die starke UAE-Abteilung schwer durcheinander gewirbelt wurde. Aus dem Aufgebot der in Spanien ohne ihren Kapitän antretenden Pogačar-Helfer hielt lediglich der Portugiese Joao Almeida mit. Co-Kapitän Adam Yates verlor fast anderthalb Minuten und der als neues Radsport-„Wunderkind“ gefeierte Mexikaner Isaac Del Toro fast eine Minute.
Sein Lieblingsrennen ist Roglic also weiterhin zugeneigt. Die nächste Bergetappe gibt es am Sonntag. Nach drei Bergen der ersten Kategorie liegt das Ziel aber im Tal in Granada.
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